Kirchheim
Die Tendenz geht  in Richtung Impfpflicht

Corona    Die Bundestagsabgeordneten für Kirchheim hoffen auf genügend freiwilliges 
Impfen, sodass sie nicht über eine Pflicht abstimmen müssen.  Von Andreas Volz 

Impfpflicht ja oder nein? Die öffentliche Debatte darüber hat schon begonnen, als es noch nicht einmal Impfstoffe gab. Die ernsthafte politische Debatte dagegen ist lange ausgeblieben, weil sich kaum einer der Verantwortlichen vorstellen konnte, dass es nicht genügend Menschen geben könnte, die sich freiwillig impfen lassen. Der Teckbote hat die vier hiesigen Bundestagsabgeordneten befragt, wie sie zu einer möglichen Impfpflicht stehen.

„Der Entwurf muss stimmig sein“

Michael Hennrich (CDU), der im September sein Direktmandat verteidigt hat, schließt eine Impfpflicht nicht aus: „Vor einiger Zeit konnte ich mir das noch nicht vorstellen, weil es stark in die persönliche Freiheit eingreift. Jetzt bin ich nicht mehr kategorisch dagegen. Einem stimmigen Gesetzentwurf könnte ich durchaus zustimmen.“ Zuvor müsse klar sein, dass es ein Impfregister gibt – und dass die Pflicht erst ab 18 Jahren besteht. Impfen hält er für wichtig: „Es schützt deutlich besser vor Covid 19. Auch mögliche Nebenwirkungen des Impfens sind beherrschbar.“ Alle diese Punkte diskutiere der Bundestag wohl im Januar in einer Orientierungsdebatte: „Da kommen alle Argumente auf den Tisch.“ Am liebsten würde Michael Hennrich aber gar nicht abstimmen müssen: „Die Entscheidung käme im Februar oder März. Vielleicht geht die Impfquote bis dahin ja von selbst nach oben. Da muss man auch über Anreize zum Impfen nachdenken – und auch der Totimpfstoff spielt noch eine wichtige Rolle.“

„Eine Plicht als letztes Mittel“

Auch Nils Schmid von der Kanzlerpartei SPD sieht Bedarf, das Impfen attraktiver zu machen. Derzeit geschehe das durch verschärfte Regeln, die viele Leute nach einem Impftermin Ausschau halten lassen: „Die Impfkampagne muss weiter auf Hochtouren laufen. Wir müssen die Quote auch bei der Drittimpfung hochhalten. Nur dann kommen wir in Bereiche wie in anderen Ländern, die teils bei deutlich über 80 Prozent liegen.“ Eine Impfpflicht habe er lange Zeit ausgeschlossen. „Weil aber die Impfquote in Deutschland weiterhin viel zu niedrig ist, bin ich inzwischen offen für eine allgemeine Impfpflicht – als letztes Mittel.“ Auch er hofft, dass es vielleicht gar nicht erst zu einer Abstimmung über die Impfplicht kommen muss: „Vielleicht genügt ja auch die Debatte darüber, um die Impfrate zu erhöhen.“ Deswegen möchte Nils Schmid zunächst auch die Orientierungsdebatte im Bundestag abwarten: „Mehr lässt sich momentan nicht dazu sagen, weil es ja auch noch gar keine konkreten Anträge dazu gibt.“

„Impfen führt zur Normalität“

Eine Abstimmung zur Impfpflicht gab es bereits, und zwar im Pflegebereich, betont Matthias Gastel (Grüne): „Ich fände es bedenklich, wenn wir jetzt auch noch über eine allgemeine Impfpflicht abstimmen müssten. Besser wäre es, wenn die Menschen aus eigener Überzeugung Impftermine wahrnehmen würden.“ Wirklich gute Argumente gegen eine solche Pflicht habe er bislang nicht gehört. Deswegen kann er sich vorstellen, dafür zu stimmen. „Ich hoffe aber, dass sich schon vor einer Abstimmung ausreichend Leute finden, die sich impfen lassen – aus welchen Gründen auch immer.“ Man könne sich impfen lassen, um sich und andere zu schützen, oder auch, um einen Beitrag dazu zu leisten, dass sich die pandemie-bedingten Einschränkungen schneller zurücknehmen lassen. „Nur durch eine hohe Impfquote können wir wieder zur Normalität zurückkehren. Ich sehe nicht ein, dass die große Mehrheit unter einer Minderheit zu leiden hat, die sich unsolidarisch verhält, indem sie sich nicht impfen lässt.“

„Nicht zu schnell entscheiden“

Für die FDP-Bundestagsabgeordnete Renata Alt sind ebenfalls noch viele Fragen offen: „In der Fraktion haben wir darüber auch zwischen den Feiertagen diskutiert. Wir sollten keinesfalls eine Impfpflicht einführen, die das Bundesverfassungsgericht kurz danach wieder kippen könnte. Wenn wir hier zu schnell eine Entscheidung treffen, ist das kontraproduktiv, denke ich.“ Viel wichtiger sei es, wirklich jedem das passende Angebot zu machen. Sie denkt dabei vor allem an die vielen Handwerker: „Die möchten am liebsten samstags ihren Impftermin haben – weil sie dann am Montag wieder ganz normal arbeiten können. Die möglichen Schmerzen, die nach dem Impfen im Arm entstehen können, sind dann nämlich vorbei.“ Renata Alt denkt aber auch an die Menschen mit Migrationshintergrund: „Da muss viel mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden. Viele von ihnen wurden bisher noch gar nicht erreicht.“ Wenn diese Aufklärung erfolgreich verläuft, könnte allein das die Quote schon deutlich erhöhen.