Kirchheim
„Die Ukraine muss sich zur Wehr setzen können“

Politik Der Krieg überlagert alle anderen Themen beim Pressegespräch des Bundestagsabgeordneten Nils Schmid.

Nürtingen. „Der Krieg in der Ukraine ist das zentrale politische Thema, das uns noch auf Jahre hinaus beschäftigen wird“: Eigentlich will der SPD-Bundestagsabgeordnete Nils Schmid will bei seinem Neujahrspressegespräch in Reudern über ganz viele andere Themen reden und die Erfolge der Ampel-Koalition in den Mittelpunkt stellen. Aber letztlich dreht sich doch alles um den russischen „Staatsterrorismus“ und dessen Auswirkungen auf Deutschland und auf die Bundespolitik. „Wir geben die Ukraine nicht auf“ – dieses Signal müsse der Westen senden.

Europa habe großes Interesse an einer stabilen Demokratie in der Ukraine. Deswegen brauche es für die Zeit nach dem Krieg einen Marshallplan zum Wiederaufbau. Auch während des Krieges brauche es Nothilfen und Wirtschaftshilfen – zusätzlich zu Waffenlieferungen: „Die Ukraine muss sich zur Wehr setzen können. Russland darf sich mit seiner Aggression nicht durchsetzen.“

Zur Dauer des Krieges wagt Nils Schmid keine Prognose. Aber er hat eine klare Vorstellung von dessen Ende: „Ein Waffenstillstand hilft nicht wirklich. Dadurch wären die Unterdrückung und die Brutalität von russischer Seite ja nicht beendet. Wir müssen die Ukraine also militärisch so stärken, dass Putin irgendwann ohne Vorbedingungen an den Verhandlungstisch kommt.“ Das kann allerdings noch lange dauern. Putin plane mit einem hohen Verschleiß an Menschen und Material – und er setze darauf, dass der Westen müde wird und das Interesse an der Ukraine verliert.

Abhängigkeiten reduzieren

Eine der Lehren, die Nils Schmid aus dem Krieg zieht: „Wir müssen unsere Abhängigkeiten reduzieren.“ Das habe sich beim russischen Gas gezeigt. „Bei den Energiepreisen habe ich aktuell ein gutes Gefühl. Ein Problem ist aber nicht der jetzige Winter, sondern erst der nächste.“

Die Politik müsse immer kurzfristiger handeln. Aber Nils 
Schmid will nicht nur auf aktuelle Krisensituationen reagieren: „Wir müssen auch strukturelle Verbesserungen schaffen.“ Damit kommt er auf die Ampel-Koalition zu sprechen. Es gebe jetzt Perspektiven für Menschen auf ein dauerhaftes Bleiberecht: wenn sie seit fünf Jahren in Deutschland leben, nicht straffällig geworden sind und wenn sie selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können. „Da war eine gesetzliche Regelung längst überfällig. Auch Unternehmer haben das immer wieder gefordert.“

Bei staatlichen Investitionen fordert Nils Schmid eine „Verstetigung“ – notfalls auch unter Umgehung der Schuldenbremse. Schwierig sei aber außer den vielfach unterbrochenen Lieferketten auch der Personalmangel, in Bauunternehmen ebenso wie in Behörden. Die Infrastruktur müsse aber auf jeden Fall gefördert werden. Bei Schulen und Sportstätten sieht Nils Schmid einen großen Sanierungsstau. Deshalb setzt er sich für weitere Zuschussprogramme des Bundes ein. „Wir dürfen nicht nur Neubauten fördern.“

Ausbau der Windkraft

An einer Stelle setzt er sich allerdings deutlich für Neubauten ein: bei der Windenergie. „Ohne den Ausbau der Windkraft können wir die Energiewende nicht stemmen.“ Auch im Süden Deutschlands brauche es deshalb deutlich mehr Windräder. In seinem Nürtinger Wahlkreis sieht er aber nicht allzu viele geeignete Standorte: „Da wird es eher kleinflächig zugehen.“ Andreas Volz