Kirchheim
Dieser Zupfsalat ist für alle da

Nachhaltigkeit  Mit drei Gemeinschafts-Hochbeeten hat Kirchheim im Juni ein Experiment gewagt, das längst Wurzeln schlägt. Gießpatinnen kümmern sich begeistert um die Pflanzen in der Innenstadt. Von Debora Schreiber

Auf dem Schlossplatz und dem Rossmarkt fügen sich die Gemeinschafts-Hochbeete in ihrer grünen Pracht ins Stadtbild ein. Zucchiniblätter wachsen frech über den Rand hinaus, aber auch Salatpflanzen und Kräuter wie Basilikum sind zu finden. Die bunt verzierten Kübel sind vielleicht schon dem ein oder anderen aufgefallen. 

Mit den Gemeinschafts-Hochbeeten geht Kirchheim einen Schritt in Richtung „Essbare Stadt“. Dahinter verbirgt sich der Gedanke,

 

Egal, wann ich dort gieße – es ergibt sich immer ein nettes Gespräch.
Projektleiterin Beate Arman sieht die Hochbeete als Treffpunkt.

 

den Menschen Nutzpflanzen wie Dill und Zupfsalat frei zugänglich zu machen. Den Anstoß hat der Gemeinschaftsgarten Jesingen gegeben, der das Konzept bereits erfolgreich praktiziert, verrät  Dr. Beate Arman, die für das Projekt verantwortlich ist.  

Eine gute Idee – kritische Stimmen gab’s trotzdem. „Das hat eh keinen Wert“ oder „die werden sowieso gleich verwüstet“ oder „da wird bestimmt reingepinkelt“ waren Ängste und Befürchtungen, die sich nicht bewahrheitet haben. Ganz im Gegenteil: Die Hochbeete sind regelrechte Begegnungsstätten. „Egal, wann ich dort gieße, es ergibt sich immer ein nettes Gespräch über die Beete und darüber, was sich die Menschen pflücken“, erzählt Beate Arman.

Für die Stadt war das Ganze ein Experiment: „In der Anfangszeit haben wir selbst noch viel gegossen“, verrät die Fachfrau: „Vor Ort sind wir dann aber mit der Anwohnerschaft in Kontakt gekommen und haben schnell enthusiastische Gießpaten gefunden.“ Nach vier Wochen hatte sich alles eingespielt: Die Freiwilligen haben Listen erstellt und die Versorgung der Beete unter sich aufgeteilt – Hilfe durch die Stadtangestellte ist längst nicht mehr nötig.

Zu den Gießpaten zählt Karin Treubner, Inhaberin des Antiquitäten- und Secondhandgeschäfts „Einzigartig“. Sie kümmert sich jeden Montag um das Hochbeet am Rossmarkt. Mit zwei vollen Kannen läuft sie von ihrem Geschäft aus durch die Fußgängerzone. „Dann habe ich meinen Sport auch schon gemacht“, scherzt sie. Das Projekt unterstützt sie mit Herz und Seele. Gerührt erzählt sie, wie sie das Gießen jedes Mal mit neuen Menschen zusammenführt. Die Bürgerinnen und Bürger sind einfach begeistert, viele leben mit dem Beet.

Karin Treubner schwärmt: „Entweder erzählen sie, wen sie dort treffen oder berichten, wie sich die Pflanzen verändern.“ Zu Beginn hat sie befürchtet, das Beet könne beschmiert oder zerstört werden, aber das war nicht der Fall. „Das Hochbeet ist eine tolle Sache“, lautet ihre feste Überzeugung. Als sie einmal vergessen hatte, tagsüber zu gießen, ging sie mitten in der Nacht nochmal los. Und auch für eine Urlaubsvertretung sorgt sie stets pflichtbewusst. 

Die drei Kirchheimer Gemeinschafts-Hochbeete kommen also gut an. So gut, dass sie nun auch den Winter hindurch bestehen bleiben. Demnächst ist Ernte, danach sind wintertypische Gemüsesorten an der Reihe. Bisher hat der Gemeinschaftsgarten Jesingen die Kübel bepflanzt. Dem Gemeinschaftsgedanken entsprechend, soll auch das Einsetzen an sogenannte Beetpaten übergehen:  Menschen, die über das Gießen hinaus auch mal Unkraut jäten, nachpflanzen und sich um die Gesundheit der Beete im Allgemeinen kümmern. Dafür werden noch freiwillige Kirchheimerinnen und Kirchheimer gesucht. „Wenn das gut klappt, sind vielleicht schon bald weitere Gemeinschafts-Hochbeete in Kirchheim zu finden, an denen sich  Menschen aus Kirchheim treffen und zusammen gärtnern“, hofft Beate Arman. 

 

Wer Spaß am Gärtnern hat und eine Gieß- oder Beetpatenschaft übernehmen möchte, kann sich bei Beate Arman melden unter
07021/502-615