Sechs Jahre hat es – auch wegen Corona – bis zur Neuauflage der Dinnershow der „Pflaster-Akrobaten“ gedauert. Nun war es endlich so weit, an zwei Abenden kamen die Besucher zu Zirkusshow und Dinner in die Waldorfschule in Ötlingen. Eine dritte Show ohne Dinner am Vormittag sorgte für insgesamt rund 350 begeisterte Besucher.
Eine Art „Familienbetrieb“
Kinderzirkusse sind beliebt, das Besondere bei den „Pflaster-Akrobaten“ ist, dass die jungen Artisten auch als Jugendliche weitermachen. Die meisten von ihnen sind im Zirkus Teckolino, im Zirkus Caristello und im Zirkus Wangoni, letzterer probt in Wangen bei Göppingen, groß geworden. Von der siebten Klasse an gehören sie dann zu den „Pflaster Akrobaten“. Eine Artistin hat erst im Januar angefangen, eine 25-Jährige ist bereits seit 17 Jahren dabei. Alle Gruppen werden zusammen von Jens, Fridolin und Julian Mischner trainiert, die Jugendlichen kennen sie als „Jens, Fridi und Jule“. Jules Mutter, Verena Mischner, sorgt für die Kostüme und die Verpflegung der Artisten – der Begriff „Familienbetrieb“ ist also voll gerechtfertigt. Zum Gelingen der Dinnershow trugen aber auch viele Helfer bei, Michaela Weber und Elke Thumm leiteten das Kochteam. Nur der Hauptgang kam vom Caterer, alles andere wurde selbst zubereitet.
Was wäre ein Zirkus ohne Clowns? Sie machten den Auftakt und zeigten, wie schwierig es ist, für den Zirkusdirektor einen Tisch mit Blumen und einem Trinkglas aufzustellen, selbst wenn man dazu eine Musterzeichnung hat. Ob Quadrat-Trapez, Vertikaltuch, Einrad und Hochrad oder Laufkugel, die folgenden Darbietungen erforderten einen guten Gleichgewichtssinn und viel Training – und sorgten dabei, wie eine Artistin berichtete, auch für manchen Muskelkater.
Auffallend war das gute Zusammenspiel: Wenn vier Artisten gleichzeitig am Quadrat-Trapez hängen oder fünf Artisten auf der Laufkugel stehen, muss jeder wissen, was der andere tut und sich auf ihn verlassen können. Das mit dem Quintett auf der Laufkugel klappte erst beim zweiten Anlauf, doch kleinere Pannen waren nicht schlimm: Sonst könnten die Besucher womöglich vergessen, wie schwierig manche Tricks, die gelungen so elegant und einfach aussehen, in Wirklichkeit sind.
Viel Abwechslung
Viel Abwechslung und kreative Einfälle sorgten dafür, dass die lange Show niemals langweilig wurde. Auf die Idee, mit einem Einrad eine Treppe hinaufzusteigen oder Seil zu hüpfen, muss man erst einmal kommen. Auch die Anzahl der humorvorvollen Varianten, mit der die „Super Marios“ einen hinter dem Trampolin aufgestellten Kasten überwanden, war beachtlich. Die Kostüme waren vielseitig und innerhalb der Nummern stets einheitlich, sogar die Haare waren gleich. „Wir haben alle zwei Zöpfe, wir sind professionell und finden, so sieht es am besten aus“, sagte eine junge Artistin. Was bei aller Ästhetik sehr angenehm war: Fast nirgendwo war störende Werbung zu sehen, höchstens einmal als Beschriftung eines Sportgeräts.
Neben der Akrobatik gab es auch viel Musik. „Jetzt spielt der auch noch Saxofon“, sagte ein erstaunter Zuhörer über den jungen Artisten, der zuvor schon Cajón und Posaune gespielt hatte, und beschrieb ihn als „Multitalent“. Diese Bezeichnung passt für viele der Artisten: Wie viele von ihnen mehrfach aufgetreten waren, fiel spätestens beim bunten Kostümmix beim Finale auf.
Die sehr passend ausgewählte Musik kam in einem Fall sogar live vom Cello. Auch ein Klarinettensolo zwischendurch von einer Jugend-musiziert-Preisträgerin sorgte für viel Applaus. Eine andere Artistin begeisterte zum Klavierspiel mit einer wunderbar souligen Stimme.