Kirchheim. Die 20-jährige Partybesucherin beschuldigt den 23-jährigen mutmaßlichen Vergewaltiger im Zeugenstand schwer. Doch die Ermittler finden in dem Fall, der sich im April vor zwei Jahren in einem Kirchheimer Club zugetragen haben soll, keine belastenden Spuren. Der Prozess gegen den Mann ist daher auch am zweiten Verhandlungstag vor dem Stuttgarter Landgericht noch nicht zu Ende.
Der wegen Vergewaltigung angeklagte Mann will vor dem Stuttgarter Landgerichts freigesprochen werden - so wie es auch das Amtsgericht Kirchheim im November vergangenen Jahres tat und ihn in erster Instanz freisprach. Die Tat war dem Angeklagten vor allem wegen der mangelnden Spurenlage nicht nachzuweisen. Die Staatsanwaltschaft will dies jedoch nicht so stehen lassen und hat Berufung eingelegt.
Nun wird im neuen Verfahren vor der Stuttgarter Strafkammer der Fall bis ins Kleinste aufgerollt, um die Frage zu klären, was genau in der Nacht zum 17. April vor zwei Jahren im Kirchheimer Eventpalast nach einer Jugendparty geschah. Dabei wurde die 20-jährige Zeugin erneut unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen, obwohl die Richter sie bereits am ersten Prozesstag befragt hatten. Erneut beschuldigte sie den Mann, sie an der Toilette zum Sex gezwungen zu haben.
Damals habe die Frau eigentlich keine Anzeige erstatten wollen, sagt ihr Anwalt. Nachdem sie aber heftige Schmerzen im Unterleib bekam, wurde die Polizei alarmiert. Gynäkologische Untersuchungen im Krankenhaus sollten den strafrechtlichen Übergriff des Angeklagten bestätigen. Doch die Mediziner fanden keinerlei DNA-Spuren. Auch Gutachter hatten verschiedene Proben genauestens untersucht - ohne Ergebnis. Auch eine Verletzung ist nicht festgestellt worden. Ebenso negativ verliefen Untersuchungen der Kleidung.
Opfer war sehr betrunken
Hingegen soll das vermeintliche Opfer in der Tatnacht erheblich betrunken gewesen sein. Wie Zeugen berichten, habe die junge Frau kaum noch gehen können. Sie sei regelrecht zur Toilette „getorkelt“. Und als der Angeklagte sich dann nicht mehr um sie gekümmert, sondern ein anderes Mädchen geküsst habe, sei sie eifersüchtig dazwischengegangen. Anschließend sei sie wegen ihres Verhaltens aus der Tanzbar geworfen worden. Der Angeklagte mutmaßt deshalb, dass sie ihn nur aus Rache angezeigt hat.
Wann der Prozess fortgesetzt wird, ist noch offen. Die Staatsanwältin will jedenfalls den Freispruch von Kirchheim aufheben und einen Schuldspruch verkünden lassen. In diesem Fall droht dem 23-Jährigen eine mehrjährige Haftstrafe. Bernd Winckler