Es muss schon triftige Gründe geben, wenn Münchner zur Wies’n-Zeit ihre Heimatstadt verlassen. Doch der kommunalpolitische Erfahrungsaustausch mit dem Landkreis Esslingen war für eine größere Delegation Grund, am Wochenende an einem ausgefüllten Besuchsprogramm teilzunehmen. Zu dem Dreiergipfel waren auch Vertreter des Landkreises Leipzig nach Esslingen gekommen. Am Samstag stand unter anderem die Besichtigung der Max-Eyth-Schule in Kirchheim an. Dort lernen junge Menschen verschiedene Produktionsschritte kennen und kommen mit modernster Technik in Berührung. Das Zauberwort heißt Industrie 4.0.
Wie Schulleiter Jochen Schade erläuterte, können im Rahmen des Unterrichts viele Gebiete vereint werden: „Automatisierung und Digitalisierung ergänzen die Metall- und Elektrotechnik.“ Schade erklärte den Gästen die Vereinzelung der Produktionsschritte: „Wir wollen alle Komponenten, die wir brauchen, professionell gestalten.“ Es gehe mittlerweile nicht mehr nur um das Produkt als Resultat, sondern auch um die Idee und um die kaufmännischen Belange.
Der Schulleiter wies auch auf die fast autonome Stromversorgung der Schule hin. „Ein Verein hat die nötigen Mittel zur Verfügung gestellt, so dass wir auf dem Dach eine Photovoltaikanlage installieren konnten.“ So kann die „Green Factory“ an der Schule eigenen Strom einspeisen. In den verschiedenen Räumen sind wie in einem produzierenden Betrieb mittlerweile Abteilungen entstanden. Auf einem kurzweiligen Rundgang lernten Kreisräte und Mitarbeiter der Landratsämter aus München, Leipzig und Esslingen verschiedene Stationen kennen und bekamen die Infos von Schülern aus erster Hand.
Besonders stolz sind diese auf die neueste Errungenschaft - einen 3D-Drucker. Er wird mit den Daten der Konstruktion gefüttert und kann Musterteile, sogenannte Prototypen, ausdrucken. Erst wenn sie in Ordnung sind, wird ein Werkzeug aus Aluminium hergestellt. „Das ist gut zu verarbeiten“, erklärte Schade. „Wenn wir mit den Spritzgusswerkzeugen aus Alu zufrieden sind, stellt sie eine unserer Partnerfirmen aus Stahl her.“ Die Schüler können so Fertigungen simulieren. Dabei denken die Lehrer auch an Nachhaltigkeit. Jedes Bauteil wird für sich betrachtet. So wird zum Beispiel jedes Spritzgussteil mit Hilfe eines Roboters graviert. „Die Schüler sollen und wollen lernen, mit Robotern zu arbeiten“, betonte der Schulleiter. Die digitale Welt ist in den Schulen längst angekommen, und die Technik erlaubt mittlerweile immer mehr Möglichkeiten.
Intensiv kooperiert die Max-Eyth-Schule mit der Hochschule Esslingen. Absolventen der Hochschule haben unter Anleitung von Professor Sascha Röck, Fakultät Maschinenbau, ein Programm entwickelt, dass dem Nutzer erlaubt, eine Produktionszelle beispielsweise mit einem Roboter, virtuell in jeden gewünschten Raum zu stellen.
Die Teilnehmer zeigten sich beeindruckt, als die Hochschulabsolventen mit einer Virtual-Reality-Brille demonstrierten, wie man einen digitalen Zwilling einer Produktionsanlage erstellen kann. Röck ist überzeugt: „Die Welt der Endgeräte ist sehr schnelllebig. Mit unserer Technik wollen wir uns unabhängig machen.“ Das Forschungslabor „Virtual Automation Lab“ setzt dabei auf Brillen aus der digitalen Spiele-Szene, die den Nutzer in die virtuelle Welt bringen. „Damit können Prozesse in geschützter Umgebung ohne Stress betrachtet werden“, verspricht Röck und weist der hochtechnisierten Digitalisierung eine wachsende Bedeutung zu. Für die Lehrer bedeutet das den Wegfall der Routine. „Der Unterricht muss bald jedes Jahr an die neuen Gegebenheiten angepasst werden. Da kann der Stoff nicht aus der Schublade gezogen werden“, so Schade: „Das Geheimnis ist die gute Zusammenarbeit im Kollegium.“