Gericht
Drogenprozess: Geständnisse gegen Strafmilderung?

Die vier Beschuldigten sollen in 96 Einzelfällen mit Rauschgift gehandelt haben.

Wie sich am zweiten Verhandlungstag herausstellt, sollen allein in vier Monaten letzten Jahres um die 300 bis 400 Gramm hochwertiges Rauschgift durch die Hände des Quartetts gegangen sein. Symbolbild

Der kürzlich begonnene Prozess vor dem Stuttgarter Landgericht gegen zwei Männer und zwei Frauen aus Kirchheim wegen Rauschgifthandels könnte schneller zu Ende gehen als geplant. Grund dafür könnten Geständnisse der Beschuldigten sein.

96 Einzelfälle vorgeworfen

Das Verfahren gegen die beiden 38- und 43-jährigen Männer und deren 22- und 26-jährigen Freundinnen hat am 2. April vor der 7. Großen Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts begonnen. 96 Einzelfälle wirft ihnen der Staatsanwalt vor – 96 Mal somit Handel mit Rauschgift verschiedener Qualitätssorten. Wie sich am zweiten Verhandlungstag herausstellt, sollen allein in vier Monaten letzten Jahres um die 300 bis 400 Gramm hochwertiges Rauschgift durch die Hände des Quartetts gegangen sein. Drogenabhängige im gesamten Landkreis Esslingen, jedoch hauptsächlich in Nürtingen, so der Staatsanwalt, hätten von den illegalen Geschäften der Angeklagten profitiert. Viele der Konsumenten sind unbekannt.

Wettbüro als Lager

Ein Wettbüro, in dem die Angeklagten nach dem Einkauf die Drogen zwischengelagert haben sollen, ist seit der Aufdeckung der Taten geschlossen worden. Dort habe man nach der Übergabe durch den Lieferanten das Rauschgift auch portioniert und grammweise verkauft, heißt es in der Anklage: ein Gramm für 50 bis 80 Euro.

Schon nach der Anklageverlesung am ersten Verhandlungstag hatten die Verteidiger der beiden Männer und der Frauen angeregt, ein sogenanntes „Rechtsgespräch“ zwischen Staatsanwalt, dem Gericht und der Anwälte zu vereinbaren. Denn die Angeklagten würden die 96 Punkte zugeben, falls ihnen als Ergebnis dieses Gesprächs, das in nichtöffentlicher Sitzung stattfinden soll, eine jeweilige Strafe im unteren einstelligen Bereich zugesichert werden könnte.

Die beiden Frauen könnten als Ersttäterinnen wegen Beihilfe zum Betäubungsmittelhandel mit einer Bewährungsstrafe davonkommen. Sie befinden sich derzeit auf freiem Fuß. Bei Rauschgiftdelikten, besonders wenn sie „bandenmäßig“ begangen wurden und es sich um große Drogenmengen handelt, sieht das Gesetz eine Höchststrafe von 15 Jahren vor.

Mehrere Zeugen sagten aus

Bislang haben die Richter noch keine Obergrenzen einer Strafe markiert. Wie ein Sprecher des Stuttgarter Landgerichts auf Anfrage mitteilt, sei ein solches Rechtsgespräch – eine Verständigung – noch nicht abschließend geführt worden. Mehrere Zeugen wurden gestern Nachmittag gehört. Sollten die Angeklagten bis zum Freitag diese Woche – dem dritten Prozesstag – alles zugegeben haben, könnte das Verfahren schon in diesem Monat beendet sein. Geplant sind allerdings noch Verhandlungstage bis zum 21. Mai, dem Tag, an dem die Urteile offiziell verkündet werden sollen. Nach der Prozess-Fortsetzung am Freitag wollen die Richter der 7. Großen Strafkammer die Beweisaufnahme mit letzten Zeugenvernehmungen am 28. April weiterführen.

Polizei schlug erneut zu

Unterdessen hat die Polizei erst vor zehn Tagen erneut gegen mutmaßliche Kirchheimer Rauschgiftdealer zugeschlagen und einen 29-jährigen Kirchheimer festgenommen. Der Mann sei kein Unbekannter, sagt die Polizei, vorbestraft wegen Drogenhandel – und unter Bewährung stehend. Eine mittlere Menge Kokain, mehrere verschreibungspflichtige Tabletten und Marihuana seien bei der Festnahme sichergestellt worden. wic