Musikschulleiter Hans-Peter Weyhmüller organisierte noch rasch weitere Stühle, denn der Saal im Schlössle war brechend voll, als das Duo Vladimir Soares, Blockflöten, und Fabian Grosch am Cembalo sein musikalisches Feuerwerk zündete. Die als Release-Konzert angekündigte Veranstaltung, um die jüngst von den beiden eingespielte CD zu sechs Sonaten von Anna di Bon zu präsentieren, wurde zum grandiosen Erfolg.
Doch wer kennt schon Anna di Bon? Sie ist eine Entdeckung dieser beiden Künstler, denn ihr Opus 1, im Geburtsjahr Mozarts, 1756, komponiert, ist dem musikverliebten Friedrich von Preußen gewidmet. Und das bürgt bekanntlich für Qualität. So standen aus dieser Sonatensammlung fünf unterschiedliche Sätze auf dem Programm, die von Vladimir Soares auf verschiedenen Blockflöten interpretiert wurden. Fein wurden die Charaktere herausgearbeitet, geradezu modelliert, und das Ganze entzückend von Fabian Groschs Cembalospiel eingebettet. Architektonisch noch ganz in barocken Bahnen, wurde hier doch schon in den Melodien das Empfindsame, teilweise auch das Stürmerische und Drängende angedeutet.
Ganz anders dagegen der andere Venezianer im Programm: der frühbarocke Dario Castello, ebenfalls ein Unbekannter - nicht jedoch im Kreis der Blockflötisten. Doch beim Vortrag von zwei dieser ganz anders gearteten Sonaten kam das Publikum aus dem Staunen des hoch virtuosen Soares nicht mehr heraus. Nicht nur, weil er komplett alles auswendig spielte, wegen der flinken Finger, der knackigen Doppelzunge, den besonderen flötistischen Klangeffekten: Castello schleuderte mit einer Fülle an raschen und äußerst gegensätzlichen musikalischen Gedanken die Zuhörer von einem Extrem ins andere. Aus diesen zwei Gründen verschlug es manchem dem Atem, nur dem Cembalisten Fabian Grosch nicht, der federnd alle musikalische Grillen nicht nur mittrug, sondern für den Flötentänzer hintergründig das sichere Netz aufspannte, über dem er sich entfalten konnte.
Doch wer ist der bekannteste Venezianer im Kleeblatt dieses Programms? Antonio Vivaldi, der topcoole Obervenezianer. Mit Speck fängt man Mäuse. Dieser popbarocke Komponist weiß um seine Wirkung und das Duo Soares-Grosch sie in musikalische Szene zu setzen.
In der Sonate G-Dur glänzt Soares nicht nur mit seiner soliden, leichtfingrigen und flinkzüngigen Virtuosität, sondern auch mit seiner feinnervigen Luftführung, um die vorromantischen Stimmungen dieses grandiosen Komponisten herauszuschälen. Da gab es - ganz entgegen der Gepflogenheit - auch mal spontanen Zwischenapplaus. Doch ebenso bewunderungswürdig war das Generalbassspiel Fabian Groschs, der die Gelassenheit hatte, die Begleitung vortrefflich ex tempore auszuzieren.
Die letzte und gleichzeitig wirkungsvollste Rakete zündeten die beiden mit Vivaldis Flötenkonzert d-Moll. Hier brillierten Soares und Grosch mit einem Zusammenspiel, bei dem jede kompositorische Überraschung wie auf dem Silbertablett kredenzt ausgekostet wurde. Und das Publikum spielte mit. Es ließ sich in die eigene Welt dieses Werkes entführen - sowohl in Bezug auf die wahnwitzig schnellen Solopartien und die subtilen musikalischen Späße als auch was das tiefe, anrührende Empfinden im romantischen Largo betrifft. Auch solche Momente gab es bei Vladimir Soares und Fabian Grosch.