Kirchheim
„Edison“ und „Krokodil“ öffnen im Barmodus

Nachtleben Aus Club mach Bar: Ohne Tanzfläche und mit leiser Musik wollen die Betreiber für ein Stück Normalität sorgen und die leeren Kassen füllen. Von Katharina Daiss

Am Postplatz tut sich was: Die Diskotheken Edison und Krokodil öffnen wieder ihre Türen. Möglich ist das für die beiden Kirchheimer Clubs momentan nur, weil die Betreiber sich entschieden haben, auf die ureigenen Merkmale einer Diskothek zu verzichten – zumindest vorerst. 

Nach aktuellem Stand müssen Nachtclubs, in denen DJs auflegen und Gäste trinken und tanzen, geschlossen bleiben. Bars hingegen, wo die Musik nur im Hintergrund spielt und die Kundschaft an ihren Tischen mit Getränken versorgt wird, dürfen ihre Gäste mittlerweile sogar ohne Sperrzeit willkommen heißen.

 

„Wir haben Kosten ohne Einnahmen.
Tuncay Aydin
betreibt mit seinem Bruder
das „Krokodil“.
 

„Dass die Sperrzeit so schnell fällt, hatten wir nicht erwartet. Als die Entscheidung feststand, war klar: Wir öffnen jetzt im Barbetrieb“, sagt Turgay Aydin. Seit 2016 führt er den Club „Krokodil“ mit seinem Bruder Tuncay in der Paradiesstraße. Direkt gegenüber kam Sedat Aybulut in seinem „Edison“ derselbe Gedanke: „Das macht Sinn: Mein Ding war ja schon immer die Mischung aus Bar und Club“, erzählt er. 

Die Nächte werden in den beiden Clubs anders sein, als es die jungen Nachtschwärmer gewohnt sind: „Es gibt keine laute Musik und keine Lichtanlage“, erklärt Sedat Aybulut. Im Krokodil haben Tuncay und Turgay Aydin die Sitzgelegenheiten aufgestockt. Außerdem müssen die Besucherinnen und -besucher keinen Eintritt mehr bezahlen.

Dass sie denselben Plan hatten, wussten die Gebrüder Aydin und Sedat Aybulut nicht. „Aber das ist gut. So kommt wieder Leben in diese Ecke der Stadt“, betont der „Edison“-Chef. 

Seit dem ersten Februarwochenende haben die beiden Nachtlokale von 22 bis 5 Uhr wieder geöffnet. Natürlich sind die Zahlen weit entfernt von den Hochzeiten der Clubs, doch die Betreiber bleiben gelassen. „Ich bin vollkommen zufrieden“, bilanziert Sedat Aybulut, und Turgay Aydin scherzt: „Besser als daheim zu sitzen, ist es allemal.“

Dass die Gäste die neuen Regeln akzeptieren, freut die Betreiber der beiden Clubs sehr. „Nur einer kam her, hatte Liedwünsche und meinte, ‚Sedat, lass uns tanzen!‛ Dem habe ich erklärt, dass das nicht geht“, berichtet Aybulut. „Die Leute haben sich an die Regeln gewöhnt“, sagt Tuncay Aydin. 

Der Grund für die Eröffnung im Bar-Modus ist offensichtlich: Die Betreiber brauchen Geld. „Mit einem geschlossenen Club verdiene ich null. Der Staat übernimmt zwar die Fixkosten, damit man in keine Schuldenfalle tappt, aber das passiert automatisch. Es gibt ja offene Rechnungen, beispielsweise von den Getränkeherstellern und von der GEMA. Auch privat lebe ich von meinem Ersparten“, erklärt Sedat Aybulut. „Man braucht jeden Cent. Gerade warten wir noch auf die Hilfen vom letzten Jahr“, schildert Turgay Aydin die dramatische Lage. Hinzu kommt, dass die Maschinen in den Clubs durch die lange Zeit ohne Betrieb leiden: „In den vergangenen zwei Jahren hatten wir nur zwei Monate offen. Bis zum letzten Tag lief alles einwandfrei. Jetzt waren plötzlich die Nebelscheinwerfer und die Spülmaschine kaputt“, berichten die beiden Brüder im „Krokodil“. 

Die Clubbetreiber denken nicht nur an ihre finanzielle Lage, sondern auch an ihre Gäs­te. „Die Leute sind jung und wollen feiern. Fällt das weg, ist es sehr schlimm für die Jugendlichen. Das verstehen viele nicht“, sagen sie. „Man nimmt ihnen ein Stück Freiheit weg. Ich habe großen Respekt davor, wie verständnisvoll die Jugend ist. Mich hätten damals keine 20 Pferde daheim halten können“, meint Sedat Aybulut. „Wir wollen ein bisschen Normalität zurückgeben. Die Leute haben die Schnauze voll von der Pandemie“, glaubt Turgay Aydin. 

Und wie lange sollen die Clubs als Bars betrieben werden? – „Bis wir wieder als Club öffnen können. Und so lange wir dürfen.“