Kirchheim
Ein Abschied nach Plan

Ruhestand Der Leiter der Familien-Bildungsstätte, Christoph Tangl, geht nach 23 Jahren in Rente. Mit seinem Team hat er die Einrichtung maßgeblich geprägt. Von Günter Kahlert

Christoph Tangl ist ein Mensch, der präzise plant. Das muss er als Leiter und Geschäftsführer der Familien-Bildungsstätte jeden Tag, und das hat er auch bei seiner Lebensplanung gemacht. Schon seit Längerem ist klar: Zum 50-jährigen Bestehen der Einrichtung ist Schluss. Mit 64 Jahren geht er in den Ruhestand.

Rückblende: Am 1. September 1996 beginnt Christoph Tangl seinen Job in Kirchheim. Davor ist er Fachbereichsleiter für berufliche Bildung an der Nürtinger Volkshochschule und seit 1989 für die Grüne Alternative im Gemeinderat, also ziemlich gut vernetzt in der Stadt. Als er gefragt wird, ob er sich als Nachfolger des damaligen Leiters Walter Schlecht bewerben möchte, überlegte er erst mal. „Für mich war das schon die Frage, möchte ich aus meiner eher technischen Richtung der beruflichen Bildung in die Familienbildung wechseln“, erinnert er sich. Christoph Tangl will. „Das war eine ganz bewusste Entscheidung, und ich habe sie nie bereut“, blickt er zurück. Dass er beim pädagogischen Teil der Familienbildung als Neuling antritt, ist ihm klar. „Das war natürlich ein Lernfeld“, erzählt Christoph Tangl, „aber Andrea Bürker war damals schon da, und die hat das Fachliche perfekt draufgehabt.“

Ein Dauerbrenner durchzieht die ganzen Jahre der FBS: Was ist Familie? In der Anfangszeit wird intern diskutiert, ob der Begriff „Familie“ altmodisch ist, ob man einen neuen Begriff braucht. Christoph Tangls Haltung damals ist klar: „Wir nehmen den Begriff und aktualisieren ihn, benützen ihn offensiv für moderne Familien.“ Das hat sich über die Jahre ständig entwickelt und hat bestens funktioniert. Inzwischen gilt die FBS als „Expertin für Familienthemen“. Und das wird noch nicht das Ende der Fahnenstange sein, „Familie wird sich weiterentwickeln, und die FBS wird das mitdenken und reagieren“, prognostiziert der Noch-Chef.

Anfang der 2000er-Jahre wird es finanziell eng für die Familien-Bildungsstätte. „Es gab Jahre, in denen wir Existenzprobleme hatten“, erinnert sich Christoph Tangl. Seit der Gesetzgeber den Kommunen die Garantie auf einen Kindergartenplatz vorgeschrieben hatte, bricht das FBS-Kerngeschäft „Eltern-Kind-Gruppen“ immer mehr ein. Der Leiter der Familien-Bildungsstätte musste neue Ideen entwickeln, neue Einnahmequellen erschließen. Sein Plan: Ganztagsbetreuung an den Schulen anbieten. „Es war eigentlich naheliegend“, meint er rückblickend. „Wir hatten die Logistik und das Know-how.“ Der Kirchheimer Gemeinderat sah das letztlich auch so und vergab 2006 die Ganztagsbetreuung an die FBS. Eine Erfolgsgeschichte und längst ein wichtiges Standbein der Einrichtung. Mit drei Schulen fing es an, heute sind es neun - sechs in Kirchheim, zwei in Weilheim und das Schulzentrum in Lenningen. So gibt es in den 23 Jahren eine ganze Reihe von Strategien und Projekten, die Christoph Tangl geprägt und mit seinem Team entwickelt hat.

Ende September ist also definitiv Schluss. Gedanken an ein „Ruhestandsloch“? Er lacht: „Keinen einzigen!“ Da sind schon mal die fünf Enkelkinder. Zwei von seinen eigenen Kindern, drei von den Kindern seiner Frau. „Mit den Kleinen beschäftige ich mich mit großer Begeisterung“, gibt er unumwunden zu. „Ich bin mit großer Leidenschaft Opa.“

Da ist aber auch noch die Sache im Steingau-Quartier. „Wir bauen ein Haus mit einer Baugruppe“, erzählt er. Und - wie könnte es auch anders sein - er hat in der Baugruppe die Geschäftsführung, kümmert sich um diverse Vertragswerke und Vergaben. „WerkStadt“ heißt die Baugruppe, und die neun Parteien haben sich etwas Besonderes ausgedacht: einen gemeinsamen Raum, den jeder als Werkstatt benutzen kann. „Ich freue mich riesig, dass ich dann dort arbeiten kann“, meint er begeistert.

Natürlich legt er auch die Kontakte zur FBS nicht auf Eis. Ein Jahr lang wird er noch seine Hilfe anbieten. Dabei denkt er an die komplexe kaufmännische Materie wie Abrechnungen im Ganztagsbereich, Jahresstatistiken, Haushaltsabschluss. „Wenn es nicht erforderlich ist, dann ist es mir g‘rad recht“, meint er.

Eine Herzensangelegenheit ist Christoph Tangl das Männerprojekt „Was Männer bewegt“, das er mit vielen anderen Männern zum Laufen gebracht hat. Den regelmäßigen Männerstammtisch möchte er als Gastgeber weiterhin ehrenamtlich begleiten.

Das erste „Bye-bye“ gab es schon im Vorwort des aktuellen Programmhefts der Familien-Bildungsstätte. Am kommenden Freitag folgt eine zwanglose, interne Verabschiedung mit den Mitarbeitern. Die Nachfolge von Christoph Tangl steht längst fest. Die neue Chefin heißt Gudrun Müller. Sie ist bisher in der Abteilung Soziales der Stadt Kirchheim tätig. Und natürlich hat Christoph Tangl den Übergang gut geregelt. Er übergibt die Leitung Anfang September, bleibt aber noch ein paar Wochen im Haus, damit alles reibungslos klappt, als Coach, sozusagen. Danach sind erst mal zwei Wochen Urlaub mit Ehefrau Gaby angesagt.