Kirchheim
Ein Feuerwehrauto ist der Star

Jubiläum Die Kraftfahrspritze Magirus KS20 feiert am Sonntag auf dem Marktplatz und dem Schlossplatz in ­Kirchheim Geburtstag. Sie wird dabei flankiert von weiteren Feuerwehr-Oldtimern. Von Sylvia Gierlichs

Feuerwehrfahrzeuge waren schon immer eine teure Investition. Die Kraftfahrspritze Magirus KS20, angeschafft von der ehemaligen Kirchheimer Firma Kolb und Schüle, kostete 25 000 Reichsmark. Das entspricht dem heutigen Wert von 125 000 Euro. Am Sonntag, 1. Oktober, findet in Kirchheim auf dem Marktplatz und dem Schlossplatz ein großes Oldtimertreffen zu Ehren des 100-Jahr-Jubiläums der Kraftfahrspritze statt. Um 11 Uhr beginnt die Geburtstagsfeier. Doch warum kaufte die Firma, eine Flachsspinnerei, damals ein eigenes Feuerwehrfahrzeug? Die Verantwortlichen des Feuerwehrmuseums in Kirchheim kennen den Grund.

Dieser liegt demnach einige Jahre zurück: 1919 brach nachmittags im Zweigwerk in Urach ein Brand aus, der verheerende Ausmaße annahm. Einen weiteren Brand gab es 1922, ebenfalls in Urach. Bei diesem wurden extra die Motorspritzen von Esslingen und Geislingen herbeigerufen, weil die Tübinger Motorspritze zur Reparatur war. Eingreifen mussten sie dann nicht mehr. Bei Kolb und Schüle allerdings entschloss man sich, eine Werksfeuerwehr zu gründen und eine Autospritze der Ulmer Firma Magirus zu kaufen.

Zahlreiche Einsätze

Diese Motorspritze steht mittlerweile im Feuerwehrmuseum Kirchheim und feiert nun ihren 100. Geburtstag in der Kirchheimer Innenstadt – und zwar mit dem Uracher Schwesterfahrzeug und weiteren Feuerwehr-Oldtimern.

Als die Fahrzeuge 1923 ausgeliefert wurden, berichtete die Würt­tembergische Feuerwehrzeitung davon: „Die Magirus-Autospritze legte den Weg von Ulm nach Kirchheim mit eigener Kraft zurück und benötigte zu dem 72 Kilometer langen, teilweise schlechten Weg über die Alb zwei Stunden und zehn Minuten.“

In den folgenden Jahren wurde die Werksfeuerwehr von Kolb und Schüle immer wieder auch zu großen Bränden im Kirchheimer Stadtgebiet hinzugezogen. Einmal sogar nach Nürtingen. Am 28. Juli 1928 gab es nämlich im Sägewerk Nürtingen ein Großfeuer. „Wasser hatten wir genug, der brennende Komplex war aber auch groß“, berichteten die Feuerwehrleute, die bei der Berufsfeuerwehr in Stuttgart ihr Handwerk gelernt hatten. Dass das Feuer sich nicht zu einer Katastrophe auswuchs, ist auch der Motorspritze aus Kirchheim zu verdanken. Am 8. Februar 1929 nachts um halb drei wurde die Besatzung aus dem Schlaf geweckt und aufgefordert, nach Dettingen zu kommen. Bei erfrischenden minus 32 Grad Celsius galt es, einen Brand im Gasthaus Lamm zu löschen. „Das war eine der schwersten Aufgaben, die wir gelöst hatten. Wir hatten zwei natürliche Feinde, das Feuer und die Kälte“, berichtete ein Feuerwehrmann.

Das Fahrzeug wurde 1963 außer Betrieb genommen und 1971 als Leihgabe an das Feuerwehrmuseum Waldmannshofen übergeben. Dort verkam es zum Kinderspielplatz. Kirchheimer Feuerwehrleute baten die Firma Kolb und Schüle, das Fahrzeug heimholen zu dürfen. Sie gründeten den „Verein der Freunde und Förderer historischer Feuerwehrfahrzeuge“. Doch es dauerte noch bis 1994, bis die Motorspritze nach Hause geholt werden konnte. Dazu bedurfte es tatsächlich eines Mauerdurchbruchs im Feuerwehrmuseum Waldmannshofen.

Der Kirchheimer Schultheiß Marx sowie Direktor Ottens und Prokurist Jakob von Kolb und Schüle wohnten 1923 der Inbetriebnahme des Fahrzeugs der Werksfeuerwehr bei. Auch am Sonntag, 1. Oktober, lässt es sich der Kirchheimer Oberbürgermeis­ter Pascal Bader nicht nehmen, die Veranstaltung um 11 Uhr auf dem Marktplatz zu eröffnen. Sie findet im Rahmen der Goldenen Oktobertage des City-Rings statt. Rund um den Marktplatz, die Marktstraße und den Schlossplatz werden Feuerwehr-Oldtimerfahrzeuge im Alter zwischen circa 60 und 101 Jahren präsentiert. Darunter auch das Schwesterfahrzeug der Motorspritze, die im Werk von Kolb und Schüle in Urach eingesetzt wurde. Des Weiteren feiert die Kirchheimer Kinderfeuerwehr ihr zehnjähriges Jubiläum mit Spielstraße und Schauübung.