Für ihre Geburtstagsfeier musste die Volkshochschule Kirchheim kein fremdes Orchester engagieren, denn sie hat ihr eigenes, und es ist exakt so alt wie sie selbst. Vor 75 Jahren, also im Jahr 1947, hat es mit sieben Laienmusikern begonnen. Heute musizieren darin mehr als 50 Menschen, und das Ensemble steht jedem offen. Bei der Feier wurden die Zuhörer abwechselnd von beiden Seiten bespielt: einmal von den Streichern von links, ein
andermal von den Bläsern von rechts. Brillant war es in beiden Fällen. Den größten Ohrwurm hatten aber die Streicher auf ihrer Seite, den Tango „Por una Cabeza“ von Carlos Gardel aus dem Jahr 1935. Zu ihm hat auch schon Arnold Schwarzenegger getanzt, im Agentenfilm „True Lies“.
Für das Orchester hatte Bürgermeisterin Christine Kullen, in Vertretung des erkrankten Oberbürgermeisters Pascal Bader, ein Geburtstagsgeschenk mitgebracht – einen Scheck über 525 Euro, sieben Euro für jedes Jahr. Sie erfüllte auch der gesamten VHS einen Geburtstagswunsch: Das Spital bekommt einen neuen Ausleger mit der Aufschrift „VHS im Spital“.Ein Modell hatte die Bürgermeisterin bereits dabei. Der Ausleger soll in Kürze die Verwirrung mancher Besucher beenden, die sich fragen, ob in diesem Gebäude tatsächlich die VHS zu finden ist.
Die VHS, sagte die Bürgermeisterin, zeige die Bedeutung lebenslangen Lernens. Sie sei eine wichtige Säule der Kirchheimer Bildungslandschaft. Wer etwa seine Sprachkenntnisse auffrischen wolle, schaue zuerst im hochwertigen Angebot der VHS. „Wo VHS drauf steht, ist auch VHS drin.“ In einer Zeit der gesellschaftlichen Spaltung, in der teils nicht einmal mehr in Familien ein sachlicher Austausch der Argumente möglich sei, steige der Wert der VHS umso mehr. „Hier findet jeder bezahlbare Bildungsangebote.“ Auch der Kulturring sei unter dem Dach der VHS untergebracht.
Die VHS möchte sich modern aufstellen
Der VHS-Vorstandsvorsitzende Klaus Buck gab einen lebendigen Einblick in die VHS-Geschichte. Die VHS-Leiterin Iris-Patricia Laudacher übernahm den Blick in die Zukunft. Neben den Inhalten seien Organisation und Öffentlichkeitsarbeit zu überdenken. „Wir überlegen, wie lange es noch ein gedrucktes Programm geben wird. Ist auch ein Internetauftritt schon überholt, sollten wir uns nicht Sozialen Medien zuwenden?“ Genügten für hybride Veranstaltungen kleinere Unterrichtsräume, oder müssten sie größer sein, weil sich die Menschen als Gegenpol zum Homeoffice direkte Kontakte wünschten? Vieles sei ungewiss, eines aber sicher: „Wir wollen weiterhin einem humanistischen Bildungsideal folgen und in allen Bereichen Angebote machen.“
Timo Brunko dichtete wild
Der Wortkünstler Timo Brunke unternahm einen ganz eigenen Gang durch das VHS-Programm und verarbeitete es poetisch und musikalisch. Zum Kursangebot „Umgang mit schwierigen Gefühlen“ präsentierte er mit dem Akkordeon einen Blues: Es ist erstaunlich, welche tiefen Gedanken sich einer über den Schwamm im Spülstein machen kann. Zum Themenblock „Gesundheit und Ernährung“ gab es einen Entspannungssong mit dem Titel „Bleib dran, aber locker“, das „bleib locker“ durften alle mitsingen. Seinen Tango tanzte Timo Brunke ohne „Kuss zum Schluss“, dichtete wild über ein Risotto, Springerle und Passwörter. „Vielleicht habe ich es schon übertrieben“, sagte er am Ende seiner Wortakrobatik, „wer weiß das schon.“
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