Es ist ein An- und Durchblick, den es nach der Fertigstellung des neuen Verwaltungsgebäudes der Stadt Kirchheim so nicht mehr geben wird: Wie in einem Ballsaal kann der Blick von einem Ende zum anderen schweifen. Struktur erhält der große Raum durch die Fenster und die stabilen Holzpfeiler, die nicht nur ein Hingucker bleiben, sondern auch tragende Säulen des fünfstöckigen Hauses sind. Später werden Wände eingezogen, passgenau, um den Verwaltungs-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern bestmögliche Arbeitsbedingungen zu bieten. „Eine Wand rauszunehmen ist möglich, wenn die Bedarfe sich ändern. Wie eine Strickjacke passt sich dieses System an“, sagt Florian van het Hekke, während es irgendwo im Haus laut hämmert. Die Handwerker sind eher zu hören als zu sehen, der Architekt kann sich trotzdem Gehör verschaffen, als er durch sein Gebäude führt.
Es sind hauptsächlich Kolleginnen und Kollegen, die sich interessiert umschauen und zuhören. In der Altstadt ein neues Gebäude zu entwickeln, sei unheimlich schwierig. Erst recht in so einer tollen und wichtigen Lage. In zig Studien habe er sich dem jetzigen Entwurf angenähert. „Holz macht Sinn, man kann den Bau eventuell erweitern und auch einer anderen Nutzung zuführen. Wir sind hier im einstigen Stadtgraben – im Norden ist ein neuer Eingang in die Innenstadt entstanden“, sagt er. Ein „Nichtwohnhaus“ sei immer größer, sein Körper anders als ein Wohnhaus, sagt er und nennt als Beispiele Kornhaus und Rathaus. „Es geht vielleicht auch um Würde“, erklärt der Architekt, der den Gestaltungsbeirat als wertvolle Kontrollinstanz sieht. Auch das Denkmalamt war involviert.
„Die zweite Haut kommt noch. Das Fachwerk ist in der Kirchheimer Innenstadt allgegenwärtig“, sagt Florian van het Hekke. Er wollte jedoch keine Imitation, sondern seine eigene Sprache entwickeln. Die Farbe Rot wird das Gebäude mit seinem „kräftigen Volumen“ dominieren. „Vom Regenrohr über die Fenster bis zum Absturznetz – alles wird rot eingefärbt. Das war eine harte Diskussion“, erinnert er sich und spricht von sowohl geschlossenen als auch offenen Büros. Eben ganz so, wie es die etwa 110 Angestellten wünschen. Das moderne Fachwerk in Holz-Hybrid-Bauweise soll Vorbild für ökologisches und nachhaltiges Bauen sein, so sein Wunsch.
Es soll aber auch ein Gebäude für die Bürgerinnen und Bürger sein. Der Bürger-Service wird hier einziehen, ebenso das Standesamt, das Ausländerwesen, das Ordnungsamt und die Abteilung Bildung. Bei Letzterem geht es um Schulen und Sport sowie Kindertageseinrichtungen. Knapp 4000 Quadratmeter wird das fünfstöckige Gebäude plus Untergeschoss haben.
Der Spatenstich für das markante Gebäude war im Januar 2024, Ende dieses Jahres soll der Bau fertiggestellt sein. „Dann folgt die Möblierung, sodass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Frühjahr 2026 einziehen können“, erklärt Beate Kloss-Nitzschke vom Sachgebiet Hochbau der Stadt und Achim Rapp, Kirchheims Erster Bürgermeister, sagt: „Das Gebäude ist für die Kirchheimerinnen und Kirchheimer. Es ist separat bespielbar. Es öffnet sich zum Rollschuhplatz.“ Gemietet werden kann auch das Dachgeschoss, beispielsweise für standesamtliche Hochzeiten.