Von einer „richtig großen Nummer“ sprach Kirchheims Erster Bürgermeister Günter Riemer beim Baggerbiss in der „verlängerten Hegelstraße“. Die Kanalarbeiten, die an dieser Stelle mit dem symbolischen Erdaushub begonnen haben, sollen insgesamt 8,5 Millionen Euro kosten. Auch die zeitliche Dimension ist beachtlich: Die ersten Ideen für den Neubau des Mischwassersammlers und des Regenüberlaufs seien vor 45 Jahren entstanden.
Mindestens ebenso weit wie in die Vergangenheit blickte Günter Riemer in die Zukunft: „Wir wollen hier unser Abwassersystem vervollständigen und es für die nächsten Jahrzehnte ertüchtigen.“ Längst diene ein solcher Kanal nicht mehr ausschließlich der Entsorgung von Abwasser. Er sei sogar ein Rohstofflager. So lasse sich die Wärme des Abwassers zur Energiegewinnung nutzen.
Die Auswirkungen der Baustelle, die bis Ende 2025 dauern wird, sind auch vergleichsweise weit entfernt noch zu spüren: „Das trägt dazu bei, dass die Gemeinde Bissingen ein Gewerbegebiet ausweisen kann und dass wir die Kläranlage in Nabern auflösen konnten. Auch in Kirchheim hilft es uns für das Gebiet Bohnau-Süd.“
Mehr Platz für den Kegelesbach
Der Kegelesbach, der vor vielen Jahren bereits in der Verlängerung der Hegelstraße weitergeleitet worden war, wo er lange vor seiner eigentlichen Mündung in die Lauter fließt, habe bislang in seiner Röhre nicht genügend Platz: „Wenn Hochwasser kommt, reicht der Platz für das Wasser nicht aus – es kommt dann nicht mehr genügend Wasser durch. Auch dieses Problem lösen wir jetzt, durch weitere Röhren.“
Weil es zu Gewässerkreuzungen, Über- und Unterquerungen kommt, entstehen einerseits die hohen Kosten. Andererseits erfordert die Komplexität dieser Bauarbeiten einen Wust an Genehmigungen. Günter Riemer machte sich an dieser Stelle für den Abbau von „vermeidbarer Bürokratie“ stark: „Einiges ließe sich da bei den Genehmigungen reduzieren.“ Die „Überbürokratisierung“ mache einen solchen Prozess viel länger und aufwendiger.
Weniger Bürokratie, mehr Tempo
Ins gleiche Horn stieß Rainer Hauff, der Geschäftsführer des Gruppenklärwerks Wendlingen: Bei allen beteiligten Stellen ließe sich durch Bürokratieabbau Geld und Personal einsparen – „und es würde deutlich schneller gehen“.
Die konkreten Planungen hätten bereits im August 2008 begonnen, weshalb Rainer Hauff hofft, „dass wir jetzt schneller bauen können, als wir zuvor geplant haben“. Er ging vor allem noch auf den Regenüberlauf ein, der nun neu entsteht. Die Fläche von sechs auf zehn Meter entspreche der Fläche eines Reihenmittelhauses. Rund 1300 Liter pro Sekunde seien über die Schwelle abführbar. Im Extremfall seien sogar vier Kubikmeter zu schaffen. Der Hochwasserschutz ist also ein weiterer Nutzen, den diese Tiefbauarbeiten zwischen Kirchheim und Ötlingen bringen.
Auch für Fußgänger und Radfahrer ergibt sich nach den Einschränkungen durch die Baustelle ein großer Vorteil: Der Geh- und Radweg, der anderthalb Jahre gesperrt bleibt und in dieser Zeit durch eine Umleitung nördlich der Lauter ersetzt wird, entsteht am Ende ganz neu – um einen halben Meter verbreitert und versehen mit einer „mitfahrenden“, insektenfreundlichen Beleuchtung.