Einst gab es in Kirchheim vier Kinos: das Stadtkino, das Universum, das Central und das Tyroler. Jetzt ist nur noch der obere Saal des Tyrolers übrig, der sehr viel kleiner ist als der untere Saal, der bis 1985 in Betrieb war. Aber auch das Tyroler steht vor dem Aus – wenn es nicht eine Gruppe Kino-Enthusiasten gäbe, die einen Verein gegründet haben, um weiterhin das ganze Jahr über Kino in Kirchheim anbieten zu können.
65 Jahre lang hat Familie Frech im Tyroler für Kino-Unterhaltung gesorgt. Vor etwas mehr als 20 Jahren sind Eberhard und Ulrike Frech in die
Familien-Tradition eingestiegen, zunächst aushilfsweise, dann dauerhaft. Nun wollen die beiden auf Ende September den Betrieb einstellen – was leichter gesagt ist als getan.
„Seit meiner Kindheit war ich immer irgendwie im Kino zugange“, sagt Eberhard Frech, für den die Welt der Filme gleichwohl nie seinen Haupterwerb darstellte. Einfach das Licht auszumachen und die Türe abzuschließen, das wäre nicht seine Sache gewesen. „Deswegen freut es mich ungemein, dass es hier weitergehen soll.“ Er will das „Kommunalkino Kirchheim“ mit Rat und Tat unterstützen und wohl auch dem neu gegründeten Verein beitreten.
Abschied Ende September
„Unser eigentlich letzter Tag ist der 30. August“, fügt seine Frau Ulrike hinzu. Weil das formelle Ende aber erst einen Monat später kommt, ist noch an Abschiedsvorstellungen an den letzten beiden September-Wochenenden gedacht. In diesem Fall dürfte es also nicht sonderlich schwer fallen, die Leute „weg von Netflix“ und wieder „rein ins Kino“ zu bringen. In der Corona-Zeit hätten sich eben viele Gewohnheiten geändert, stellt Ulrike Frech fest – auch wenn sie erfreut zur Kenntnis nimmt, dass viele Menschen „gerne wieder ins Kino zurückkommen“.
Die Konkurrenz zu anderen Freizeit- und Filmangeboten wird auch der Verein „Kommunalkino“ zu spüren bekommen. Entstanden ist der Verein aus einer traditionellen „Kino-Gruppe“ im Umfeld der Bastion. „Das ist eine alte Geschichte“, erzählt Thomas Meyer-Weithofer, der sich im Beirat des Vereins engagiert. „Uns eint die Liebe zum Kino, die noch aus den 60er- und 70er-Jahren kommt.“ Als es darum ging, tatsächlich einen Verein zur Rettung des Kinos in Kirchheim zu gründen, waren auf Anhieb rund 30 Mitglieder beisammen, berichtet Günter Hörcher, der Zweite Vorsitzende: „Und das, ohne dass wir groß Werbung gemacht hätten. Die kommen alle aus dem Bekanntenkreis.“
Der Verein hat viel vor: Es geht darum, das Kulturgut Kino zu erhalten und das Gebäude weiterhin zu nutzen – solange es noch steht. Der Erste Vorsitzende Heinrich Brinker klärt über die Hintergründe auf: Die Stadt Kirchheim habe das Gebäude übernommen, weil sie an dieser irgendwann einmal das Lauterufer umgestalten möchte. Das werde aber erst dann möglich sein, wenn alle betreffenden Grundstücke im Eigentum der Stadt sind – und bis dahin dürfte noch viel Lauterwasser in Richtung Neckar fließen. „Wir freuen uns, dass die Familie Frech den Betrieb die ganzen Jahre über aufrechterhalten hat und dass sie uns dabei unterstützt, wenn wir das jetzt fortführen wollen.“
Räumlichkeiten für Feste
Außer für Kinovorstellungen lassen sich die Räume im Tyroler auch anderweitig für kulturelle Veranstaltungen oder auch für Feste nutzen. Heinrich Brinker: „Wir müssen schauen, wie es mit dem Betrieb weitergeht.“ Zur Finanzierung hat er klare Vorstellungen: „Wir brauchen eine mietfreie Nutzung. Außerdem müssen wir das Equipment übernehmen, auf Kosten der Stadt.“ Einen gewissen Betrag für kleinere Reparaturen brauche der Verein ebenfalls aus dem städtischen Haushalt. Für eine Probephase von zwei Jahren fordert Heinrich Brinker auch, dass die Stadt die Nebenkosten übernimmt.
Das sind die Rahmenbedingungen, über die der Verein Kommunalkino Gespräche mit der Stadtverwaltung geführt hat. Heinrich Brinkers Fazit: „Das Interesse der Stadt am Kommunalkino ist riesig.“ Entscheiden wird letztlich der Gemeinderat. Bereits im Juli soll das Kino auf die Tagesordnung kommen, denn die Zeit drängt, wenn der Verein irgendwann Mitte Oktober die ersten Filme zeigen will.
Eine Tradition, die der Verein auf jeden Fall fortsetzen würde, beschreibt Heinrich Brinker: „Als ich das erste Mal im Tyroler war, dachte ich, das ist aber ganz schön klein hier. Dann habe ich einmal einen Platz reserviert und fand meinen Namen auf dem Sitz. So etwas kannte ich vom großen Kino nicht. Seither bin ich ganz begeistert vom Tyroler.“ Auch im kleinen Rahmen kann es also „ganz großes Kino“ geben.