Kirchheim. Das Städtische Museum im Kornhaus gibt eine historische Leihgabe für eine bedeutende Sonderausstellung in Thüringen aus: Ein kunstvoll gearbeiteter „Hungertaler“ aus den Jahren 1816/17 wird Teil der diesjährigen Thüringer Landesausstellung „freiheyt 1525 – 500 Jahre Bauernkrieg“.
Der Bauernkrieg von 1525 prägte auf Generationen das kollektive Gedächtnis im deutschsprachigen Raum. Die Thüringer Sonderausstellung lädt in einer spektakulären Breite dazu ein, die sozialen, politischen und kulturellen Umbrüche und Nachwirkungen dieser Epoche aus neuen Perspektiven zu betrachten.
Ein Hungertaler war kein Zahlungsmittel und wurde auch nicht aus einem solchen gefertigt – es handelt es sich um eine kunstvoll gefertigte Dosenmedaille aus Zinn. Vor allem in den süddeutschen Territorien hielt man so die Erinnerung an das Elendsjahr 1816 aufrecht: Das sogenannte „Jahr ohne Sommer“ brachte Unwetter, Überschwemmungen und Missernten mit sich und löste eine europaweite Hungersnot aus. Das vom Städtischen Museum im Kornhaus nach Thüringen verliehene Exemplar zeigt auf der Vorderseite die Jahreszahlen 1816/17 sowie eine klagende Familie mit der Inschrift „Groß ist die Not, o Herr erbarme Dich“. Auf der Rückseite faltet der Vater die Hände zum Gebet, während seine Tochter ihm einen Lorbeerkranz überreicht und im Hintergrund die Felder gedeihen. Ein über der Szene schwebender Engel und der Sinnspruch „Erkenne, dass ein Gott ist“ verweisen auf Hoffnung, Trost und göttliche Fügung.Im Inneren der Medaille befindet sich ein Leporello aus kreisrund geschnittenen, an einem Band befestigten 16 Papieren mit acht kolorierten Kupferstichen und acht erläuternden Texten. Die detailreichen Illustrationen stammen vom Nürnberger Landschaftsmaler und Kupferätzer Georg Adam und thematisieren Naturkatastrophen, Preissteigerungen und Hungersnot. Der Hungertaler wird als Teil der Ausstellung im Kulturhistorischen Museum in Mühlhausen zu sehen sein, die sich der Deutung und Rezeption des Bauernkrieges seit dem 16. Jahrhundert zuwendet und in der Gegenwart endet. Zentral ist hierbei die Vermengung von Erinnerung, konfessioneller oder politischer Instrumentalisierung und künstlerischer Interpretation.

„Der Hungertaler ist nicht nur ein seltenes und aufwendig gestaltetes Erinnerungsstück – er stellt auch eine eindrucksvolle Verbindung zu den sozialen Kämpfen her, die fast 300 Jahre zuvor schon den Bauernkrieg geprägt haben“, erläutert Museumsleiterin Stefanie Schwarzenbek die Bedeutung der Leihgabe. „Wir freuen uns, mit diesem Objekt einen kulturell wie emotional bedeutungsvollen Beitrag zur Thüringer Landesausstellung leisten zu können.“
Die Thüringer Landesausstellung „freiheyt 1525 – 500 Jahre Bauernkrieg“ wird noch bis zum 19. Oktober 2025 in Mühlhausen zu sehen sein. Der Hungertaler kehrt dann nach Kirchheim zurück. pm