Kirchheim
Eine auffällige Brandspur

Unglücksserie Zwischen mehreren Feuern in Wohnhäusern in der Region gibt es offenbar Zusammenhänge. Kann es sich dabei nur um einen unglücklichen Zufall handeln? Von Matthäus Klemke

Vor knapp zwei Wochen ist es in der Nürtinger Schafstraße zum dritten Brand in drei Jahren gekommen. Spätestens seit diesem Zeitpunkt fällt es schwer, an einen Zufall zu glauben. Betrachtet man die Vorfälle etwas genauer, zeigen sich Parallelen.

Schon nach den ersten beiden Bränden in den Hausnummern 2 und 4 im November 2020, bei denen zwei Menschen starben, kamen erste Zweifel an einem Unfall auf. Dass nur wenige Stunden nach dem ersten Brand auch das Nachbargebäude in Flammen stand, erschien doch merkwürdig, zumal das Feuer nicht durch den ersten Brand verursacht worden sein soll. Dass beide Häuser denselben Eigentümer haben, nährte die Zweifel.

Nach Aussagen von Bewohnern sollen in beiden Häusern zu viele Leute gelebt haben, die Miete sei in vielen Fällen direkt vom Jobcenter geflossen. Außerdem sollen sich beide Gebäude in einem desolaten Zustand befunden haben.

Vor knapp zwei Wochen dann das dritte Feuer in der Schafstraße. Wieder werden zahlreiche Menschen obdachlos. Auf Anfrage unserer Zeitung beteuerte die Eigentümerin zunächst, nichts mit den ersten beiden Brandhäusern zu tun zu haben.

Doch bei einem Blick in die Grundbücher der drei Häuser fällt auf, dass überall derselbe Familienname auftaucht. Auf erneute Nachfrage bestätigt die Frau: Die Häuser Nummer 2 und 4 gehörten ihrer Schwester. Diese habe jedoch beide Gebäude deren Sohn überschrieben.

Genauer gesagt dessen Immobilienfirma. Dieser gehören laut Grundbuch seit Mitte Oktober 2020 die Häuser 2 und 4 – keine drei Wochen später standen beide Gebäude in Flammen. Laut Internet soll es sich bei der Firma um ein Unternehmen aus Nürtingen handeln. Mehr lässt sich online nicht über die Firma herausfinden.

Der Geschäftsführer hatte damals jegliche Schuld von sich gewiesen. Er habe die Wohnungen an eine Firma in Heilbronn vermietet, die für die Weitervermietung verantwortlich sei. Nach den Bränden versuchte der Mann, die Ruinen samt Grundstücke zu verkaufen – laut Stadtverwaltung für zwei Millionen Euro. Ein Preis, der fernab jeglicher Realität sei.

Verbindung zu Hausbrand in Kirchheim

Alle drei Brandhäuser in der Schafstraße befinden sich also im Besitz einer Familie. Recherchen haben ergeben, dass es auch Verbindungen zu weiteren Bränden gibt.

Ende August 2020, zwei Monate vor der Katastrophe in Nürtingen, brennt es in der Metzgerstraße in Kirchheim. Dramatische Szenen spielen sich ab, als zwei Personen aus einem brennenden Wohnhaus springen müssen, um ihr Leben zu retten. Beide Menschen werden dabei schwer verletzt. Am Ende ist das Gebäude unbewohnbar, acht Personen werden obdachlos.

Das ganze Szenario erinnert stark an die Brände in Nürtingen. Auch in Kirchheim berichten Anwohner von desaströsen Zuständen in dem Gebäude und zu vielen Menschen, die dort untergebracht waren. „Über die Eigentümer der betroffenen Immobilien gab und gibt es viele Gerüchte und Aussagen von Betroffenen und Nachbarn, an denen wir uns aber nicht beteiligen“, sagt Robert Berndt, Pressesprecher der Stadt Kirchheim: „Für die Stadtverwaltung hat nichts darauf hingedeutet, dass das Haus überbelegt war.“ Ein Blick ins Grundbuch bestätigt den ersten Verdacht: Auch hier taucht derselbe Name auf, der auch in den Grundbüchern der Schafstraße vermerkt ist. Als Eigentümerin ist dieselbe Person eingetragen, der auch das Gebäude in der Schafstraße Nummer 6 gehört.

Auch Kirchheim wird Brandruine nicht los

Wie in Nürtingen erinnert auch heute noch in Kirchheim die unbewohnte Brandruine an das Unglück. Und ähnlich wie die Stadt Nürtingen wird auch die Stadt Kirchheim ihr Mahnmal nicht los. Mit der Eigentümerin stehe man nicht in Kontakt: „Und es ist uns auch nicht bekannt, ob es Pläne zur Sanierung oder erneuten Nutzung seitens der Besitzer gibt“, so Berndt. So lange die Standfestigkeit gegeben ist, könne es sein, dass das Haus noch viele Jahre in der Innenstadt steht.

Auch im Kirchheimer Fall leitete die Stuttgarter Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Brandstiftung ein – ohne Ergebnis. Der Fall wurde „mangels hinreichenden Tatverdachts“ zu den Akten gelegt, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft mitteilt. Die Brandursache konnte nie ermittelt werden. Anwohner hatten damals jedoch einen defekten Ölofen in Verdacht.

Doch auch das ist nicht der erste Brand, mit dem die Eigentümer-Familie in Verbindung gebracht wird. Der Name wird auch im Zusammenhang mit einem Hausbrand in Neuffen genannt, der sich bereits im Jahr 1993 zugetragen hat. Laut eines Berichts soll das Feuer durch einen defekten Ölofen verursacht worden sein. Auch damals war unklar, wie viele Personen sich eigentlich in dem Wohnhaus befinden. Am Ende hatten zehn Menschen ihr Zuhause verloren. Mittlerweile existiert das Gebäude nicht mehr.

Auf die Frage, wieso es ständig in den Häusern der Familie brennt, antwortet die Eigentümerin der Brandhäuser in Kirchheim und der Schafstraße 6: „Es brennt doch überall. Das passiert, wenn die Leute nicht aufpassen.“ Die Bewohner selbst seien schuld, wenn sie „ständig Shisha-Rauchen.“

In den beiden ersten Brandfällen in Nürtingen steht noch immer der Verdacht der Brandstiftung mit Todesfolge im Raum. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit nunmehr zwei Jahren. Zum dritten Brand in der Schafstraße wurde ein Brandsachverständiger eingeschaltet.