Fünfzig Jahre, das ist heutzutage kein Alter mehr. Und wenn das schon für Menschen gilt, dann gilt es erst recht für eine Kirche. Für die Kirchheimer Auferstehungskirche gibt es aber noch einen ganz anderen Grund, ihr Jubiläum nicht an die große Glocke zu hängen: Der Kirche fehlt ein Glockenturm. Die einzige Glocke hängt an einer Art Gerüst im Freien. Ganz unter den Tisch fallen soll der 50. Geburtstag des Kirchengebäudes aber trotzdem nicht. Zum Glück gibt es ganz unterschiedliche Daten, die des Erinnerns wert sind.
Da wäre der 2. April: „Das war vor 50 Jahren der Ostertermin“, sagt Pfarrer Axel Rickelt. „Und zu diesem Termin wurde die Kirche mit einem Ostergottesdienst eingeweiht.“ Passender geht es nicht für eine Kirche, die nicht nach einem Heiligen benannt ist, sondern nach dem eher abstrakten Begriff der „Auferstehung“ – die sich in der Osternacht zumindest symbolisch konkretisiert. Weil es sich bei der Osternacht um die Nacht zwischen Karsamstag und Ostersonntag handelt, kann die Auferstehungskirche auch an diesem Wochenende ihr Jubiläum mit einem Ostergottesdienst begehen. Dem Kirchenjahr zufolge ist es erst jetzt exakt 50 Jahre her, dass das Gebäude erstmals als Kirche genutzt werden konnte.
Wie so oft, reicht die Vorgeschichte deutlich weiter zurück – in diesem Fall bis ins Jahr 1962: „Damals ist das Montage-Gemeindehaus entstanden“, berichtet Axel Rickelt aus der Geschichte. Der Name hatte aber nichts mit dem Wochentag zu tun. Er bezog sich auf die Bauweise. Das Gemeindehaus wurde ziemlich schnell montiert, damit die Kirchengemeinde ein Dach über dem Kopf hatte.
Eine Kirchengemeinde ohne Kirche? Die Vorstadtgemeinde war in dieser Zeit zu groß geworden. Die Vorstadtkirche am Gaiserplatz, die auch damals bereits Christuskirche hieß, reichte nicht mehr aus. Bei der Auferstehungskirchengemeinde handelte es sich also um eine Ausgliederung aus der Christuskirchengemeinde – ähnlich wie in etwa zur selben Zeit auch die Thomaskirchengemeinde aus der Kreuzkirchengemeinde hervorgegangen war.
Beliebte Konfirmandengalerie
Inzwischen können Besucher der Auferstehungskirche eine Konfirmandengalerie bewundern, die 60 Jahrgänge umfasst: Insgesamt 1 097 Konfirmanden hat Axel Rickelt auf den Bildern gezählt. Manche sind auch zwei Mal vertreten – weil sie sich 50 Jahre später bei ihrer Goldenen Konfirmation noch einmal zum Gruppenfoto aufstellten. „Gruppen“ sind ein gutes Stichwort, denn die Auferstehungsgemeinde besticht seit jeher dadurch, dass sie die unterschiedlichsten Gruppen beherbergt: vom klassischen Bibelkreis über das Kochteam und den Kirchenchor bis zur Spielgruppe, zur Jungschar und zum Frauenkreis.
„Die Verantwortlichen waren immer sehr offen“, sagt Anette Frey, die Erste Vorsitzende der Stadtkirchengemeinde, zu der auch die Auferstehungskirche gehört. „Hier können alle möglichen Gruppen für eine gewisse Zeit ihre Heimat finden, bis sie sich dann irgendwann auch wieder auflösen.“
Die Geschichte der Kirchengemeinde im Südwesten von Kirchheims Kernstadt wird aktuell auf einer Wandtafel im Kirchenraum beschrieben – reizvoll kontrastiert mit Ereignissen der Weltgeschichte: Als es 1962 mit dem Montage-Gemeindehaus begann, hatten die Beatles gerade ihren ersten Hit gelandet. Grund genug für Axel Rickelt, zum Jubiläumsgottesdienst vor zwei Wochen „Love me do“ singen zu lassen.
Was den Pfarrer an „seiner“ Kirche besonders fasziniert, passend zum Namen: „Christus ist hier als der Auferstandene dargestellt, nicht als der Gekreuzigte. Das Kreuz gibt es bei uns nur als Altarkreuz und draußen vor der Kirche. Dort ist es aber erst viel später dazugekommen.“
Die Auferstehung als solche würde die Gemeinde sicherlich an die große Glocke hängen wollen. Aber 1992 fiel der Entschluss, den ursprünglich geplanten Glockenturm doch nicht zu bauen. Das gewaltige Fundament dient seither endgültig als Sandkasten.
Auferstehungskirche: Pfarrer, Mesnerinnen und Musik
Beständigkeit ist ein Pfund, mit dem die Auferstehungskirchengemeinde beim Personal wuchern kann – bei Pfarrern und bei Mesnerinnen.
Pfarrer waren Hans Rudat (1962 bis 1964), Eberhard Lempp (1964 bis 1974), Eberhard Braun (1974 bis 1987), Albrecht Daiss (1987 bis 1998), Stefan Kost und Beate Schneider (1998 bis 2010), Gerrit-Willem Oberman (2010 bis 2016) und Axel Rickelt (seit 2016).
Mesnerinnen waren Ruth Kramer (1962 bis 1976), Lore Marzel (1976/1977), Emma Kurz (1977 bis 1989), Franziska Lenhardt (1989 bis 1999) und Dorothea Schietinger (seit 1999).
Die Orgel des elsässischen Orgelbauers Marc Garnier gibt es seit 1986. Zuvor war ein Harmonium im
Gebrauch.
Opera nova: Werner Dannemann tritt heute um 20 Uhr gemeinsam mit Daniela Epple, Zorana Memedovic und Elke Rogge in der Auferstehungskirche auf. vol