Kirchheim
Einladendes Zuhause für Bücherwürmer

Einweihung Die Kirchheimer Freihof-Realschule hat ein Lesezimmer eingerichtet. Im Werner-Gneist-Raum lädt Literatur aller Art zum Schmökern ein. Von Anke Kirsammer

Mit offenen Mündern lauschen Sechstklässler der Kirchheimer Freihof-Realschule der Erzählung von Atnan, einem tunesischen Jungen, der von seinen arbeitslosen Eltern nach Europa geschickt wird, um Geld für die Familie zu verdienen. Die Kinder- und Jugendbuchautorin Iris Lemanczyk kam gestern mit ihrem Buch „Ins Paradies?“ zur Einweihung des Lesezimmers an die Schule. Keine Autorin wäre für die Auftaktlesung besser geeignet gewesen, als die aus Kirchheim stammende Schriftstellerin. Iris Lemanczyk hat selbst die Freihof-Realschule besucht und dort 1981 ihren Abschluss gemacht. Inzwischen tourt sie durch die Welt, um sich für ihre Bücher inspirieren zu lassen. Die Schüler ihrerseits können künftig in dem Lesezimmer auf Fantasiereise gehen. Bevor er mit Kai Sonntag, dem Vorsitzenden des Fördervereins, das rote Band vor dem Raum durchschnitt, machte Rektor Clemens Großmann den Schülern Appetit: „Es warten viele spannende Bücher darauf, von euch entdeckt zu werden.“

Mit dem gemütlich mit Sofas und Sitzsäcken eingerichteten Raum haben nicht nur Lesungen, Buchvorstellungen und Lesewettbewerbe eine Bühne bekommen. Der Raum dient auch dazu, im Deutschunterricht, in Vertretungsstunden oder während des Lesetrainings nach Herzenslust zu schmökern. Romane warten ebenso darauf, aus dem Regal gezogen zu werden, wie Sachbücher, Comics und Zeitschriften. „Es geht darum, Lust am Lesen zu wecken“, erklärt die Leiterin des Fachbereichs Deutsch, Dr. Sandra Kirsamer. Deswegen ist auch geplant, die Sparten Comic und Zeitschriften stärker auszubauen.

Was landauf landab beklagt wird und Studien bestätigen, bemerken die Lehrer an der Freihof-Realschule ebenfalls: Die Lesekompetenz vieler Schüler wird schwächer. Es fällt ihnen schwer, Texte flüssig zu lesen, sie zu verstehen, und es fehlt ihnen oft die Freude am Lesen. „Beim Lesen kann man in fremde Welten entfliehen und sich entspannen. Das erleben viele nicht mehr“, sagt die Fachbereichsleiterin. Ihre Kollegin Julia Söllner weist darauf hin, dass das Verstehen von Texten nicht nur in Deutsch eine wichtige Rolle spielt, sondern Grundlage fast aller Fächer ist. Auch dem oft im Alter von 11 bis 13 Jahren eintretenden „Leseknick“ will die Schule entgegenwirken, indem sie die Kinder motiviert, wieder Bücher in die Hand zu nehmen.

Wegen seiner Fensterflächen war der Raum bisher einsehbar wie ein Aquarium, so beschreibt es Großmann. Undurchsichtige Folien mit dem Schriftband „Lesen“ in allen europäischen Sprachen helfen den Schülern jetzt, völlig in das Buch einzutauchen, in das sie gerade ihre Nase stecken.