Als „Quartett“ sind sie vor zwei Monaten in Kirchheim angekommen – zwei Vikarinnen und zwei Vikare im Kirchenbezirk Kirchheim: Damaris Läpple (Neidlingen und Hepsisau), Laura Liebhardt (Weilheim), Daniel Haardt (Ötlingen) und Felix Schantor (Dettingen). In ihren jeweiligen Kirchengemeinden selbst sind sie bislang eher weniger in Erscheinung getreten. Der Fokus liegt vorerst auf dem Religionsunterricht – ein neues Terrain!
Daniel Haardt spricht von einer ganz neuen Perspektive, „wenn man plötzlich die Klasse vor sich sieht“. Ein bisschen erinnert ihn das ans Theaterspielen. Es gilt dabei jeweils, die Aufmerksamkeit des Publikums zu bekommen. Laura Liebhardt denkt viel an die eigene Schulzeit zurück: „Da fallen mir meine eigenen Lehrkräfte von früher ein. Viele und vieles verstehe ich jetzt besser.“
Für Felix Schantor ist das Unterrichtsgespräch eine gute Übung, um nicht auf dogmatischen Positionen zu beharren. Er will vielmehr versuchen, „die Wahrheit gemeinsam zu entwickeln“. Damaris Läpple vergleicht den Unterricht bereits mit der Predigt: „In beiden Fällen geht es darum, das, was wir im Studium gelernt haben, runterzubrechen auf die Lebenswirklichkeit anderer Menschen.“
Eine neue Lebenswirklichkeit
Alle vier sind ungefähr gleich alt: zwischen 28 und 32 Jahren. Und sie haben allesamt jetzt eine ganz neue Lebenswirklichkeit, nicht nur an der Schule. „Kirchheim kannte ich vorher als Endstation der S 1“, stellt Damaris Läpple fest. Trotzdem fühlt sich das Quartett in der neuen Umgebung schon sehr wohl. Sie genießen die städtischen Strukturen Kirchheims und freuen sich genauso am Albtrauf und an der Streuobstwiesenlandschaft. Und noch einen Vorteil sehen sie am Standort Kirchheim. Der hat auch mit der S-Bahn zu tun: die Nähe zu Stuttgart. Dort sind sie in regelmäßigen Abständen gemeinsam am Seminar.
Passenderweise ging es dort zuletzt um Religionsunterricht und Pädagogik. Auf diese Art und Weise wird der Sprung ins kalte Wasser, den das Unterrichten für alle zunächst darstellt, etwas erleichtert. Zur praktischen Übung braucht es schließlich auch die theoretischen Grundlagen. Mühsam ist es am Anfang, den Unterricht akribisch vorzubereiten. In einigen Jahren wird das leichter werden, weil es dann immer mehr Material gibt, das sie selbst zusammengetragen haben und auf das sie zurückgreifen können. So ähnlich wird das auch irgendwann einmal beim Predigen sein: Die Routine erleichtert eines Tages die Arbeit – ohne dass man deshalb gleich etwas „routiniert abspulen“ muss.
Noch dauert es etwas, bis die Predigten an der Reihe sind. Erst im Herbst soll es auf die Kanzeln gehen. Felix Schantor weiß schon, dass er seine erste Predigt bei einem Gottesdienst im Altenheim halten wird, als Vertretung. Er setzt dabei nicht nur auf seine Predigt, sondern auch auf die Kraft der Kirchenlieder, bei denen viele Senioren auch ohne Gesangbuch mitsingen können.
Predigterfahrungen haben die neuen „Pfarrpersonen“, wie sie sich selbst im gendergerechten Kollektiv nennen, durchaus schon gesammelt, sei es in der christlichen Jugendarbeit oder auch während des Studiums bei Hochzeiten oder Taufen im Familien- und Freundeskreis, wo sie „in Begleitung“ bereits Gottesdienste gestalten konnten.
Was hat sie bewogen, Theologie zu studieren und den Pfarrberuf ergreifen zu wollen? Frühe Erfahrungen von der Kinderkirche über die Jungschar bis hin zum Leistungskurs Religion. Prägende Personen waren es, wie der Religionslehrer oder der Pfarrer der Heimatgemeinde. Laura Liebhardt erwähnt den „Religionsunterricht auf Augenhöhe“, der sie in der Oberstufe beeindruckt hat.
Auf Augenhöhe bleiben
Die Augenhöhe ist auch das Stichwort, wie die vier sich in ihrem künftigen Beruf sehen: Sie wollen nicht als die harsche Autorität auftreten, die ohnehin alles besser weiß – kraft Amtes. Sie setzen auf Teamarbeit, auf das Entwickeln eigener Schwerpunkte und auf das Einbeziehen von Gemeindemitgliedern. Die ganze Bandbreite der kommenden Aufgaben nötigt ihnen durchaus Respekt ab. Von Bausachen, Hochwasserschäden, Asbestsanierungen, Finanzen oder dem Abschließen von Verträgen war im Studium nie die Rede. Auch der Vorsitz in einem Kirchengemeinderat ist kein Thema von Seminaren oder Vorlesungen.
Für alle diese Aufgaben sind die vier jetzt in der praktischen Erprobungsphase angekommen: im Vikariat. Zweieinhalb Jahre dauert es. Es endet am 31. August 2026. Damaris Läpple und Laura Liebhardt wissen schon, wie sie das Ende ihrer Ausbildung gemeinsam feiern wollen: mit einem Gleitschirmflug am Albtrauf. Daniel Haardt und Felix Schantor sind da noch etwas zögerlicher. Aber da sie großen Wert auf Teamarbeit legen, bräuchten sie am Ende gute Argumente fürs Kneifen.