Auf Unterstützung musste die Familie Brennenstuhl lange warten: Andrea Brennenstuhl und ihr Mann bekamen schon in der Schwangerschaft die Diagnose, dass mit ihrem Ungeborenen einiges nicht in Ordnung sei – und wollten es trotzdem zur Welt bringen. Doch die Uni-Klinik und verschiedene andere Beteiligte empfahlen ausnahmslos: „Dieses Kind sollte abgetrieben werden.“ Dass sie anders entschieden, stieß überall auf Unverständnis, berichtet die Mutter von Noah, der mittlerweile mit seiner schweren Mehrfachbehinderung 14 Jahre alt ist. Für die wenigen positiven Begegnungen und den Rückhalt in dieser Zeit sind die Brennenstuhls dankbar: Der Frauenarzt stand zu ihrer Entscheidung, eine Krankenschwester vermittelte einen Kinderarzt, der trotz Sauerstoffgabe, Magensonde, Insulinpumpe und Hausbesuch den Kleinen aufnahm. Das waren Glücksfälle. Eine Anlaufstelle oder Struktur, um gezielt nach Unterstützung zu suchen, kannten die Eltern nicht.
der diese Situation selbst erlebt hat.
Deniz Ribar (Name redaktionell geändert) hingegen schien sich zunächst ganz normal zu entwickeln, war zugewandt und sprach schon einige Wörter. Als er ein Jahr alt war, fiel den Eltern auf, dass er sich immer mehr zurückzog und kaum noch Kontakt zu ihnen und den Geschwistern hielt. „Wir haben festgestellt, dass er in seiner Welt gefangen ist“, sagt sein Vater Ben Ribar (Name redaktionell geändert). Die Kinderärztin überwies die Familie an die Frühförderstelle in Esslingen, die frühkindlichen Autismus feststellte. Vieles im Alltag wurde schwierig. In den Kindergarten durfte der kleine Junge nur zweimal zwei Stunden pro Woche mit einer Integrationshelferin kommen, blieb dort immer allein und wurde in erster Linie als Problem wahrgenommen.
Doch dann bekam er einen Platz im inklusiven Carl-Weber-Kindergarten. „Seither blüht er richtig auf“, sagt sein Vater. Über den Kindergarten der Lebenshilfe fand die Familie auch zu deren Zentrum für Familie und Selbsthilfe, dem „PauLe“. Dort bekam sie den Hinweis auf einen geeigneten Schwimmkurs und auf eine Logopädin, die sich mit Autismus auskennt. Den Eltern wurde geholfen, Pflegegeld zu beantragen, und Deniz‘ Schwester wurde zum Geschwistertreff eingeladen. Die Mitarbeiterinnen im „PauLe“ engagierten sich, „als ob es ihr eigenes Kind wäre“.
Um sich auszutauschen, wollte Ben Ribar Eltern in einer ähnlichen Situation kennenlernen. Genau das war auch für Noahs Eltern vor 14 Jahren der größte Lichtblick. Denn sich nicht rechtfertigen zu müssen, Schwäche zeigen zu können, auch mal hadern zu dürfen oder sich an einem kleinen Fortschritt zu freuen: Das geht fast nur mit anderen Betroffenen.
All diese Aspekte werden im neuen Zentrum der Lebenshilfe berücksichtigt. Auch schon vor der Geburt, nach der ersten Diagnose, können Betroffene sich hier melden. „Wir wollen die Eltern in allen Belangen unterstützen“, erklärt Cornelia Klee, die Geschäftsführerin der Lebenshilfe Kirchheim. Es gehe um die optimale Förderung und Finanzierungsmöglichkeiten dafür, aber auch um Freizeitangebote und die Entlastung von Familien. Und eben auch um eine gute Basis für Selbsthilfe und Austausch. Das alles unter einem Dach gab’s in dieser Form in der Region noch nicht. „Diese Lücke wollen wir schließen“, so Klee.