Kirchheim. Der Ukraine-Konflikt ist alles andere als weit entfernt. Er hat in vielerlei Hinsicht auch Auswirkungen auf das Leben in Deutschland. Unruhen und Kriege üben auch auf Märkte und Börsen ihren Einfluss aus. Die Folge sind Preissteigerungen. Das betrifft nicht zuletzt den Energiesektor, der momentan ohnehin die Inflationsrate nach oben treibt.
Im konkreten Fall wiegt noch viel schwerer, dass Deutschland mehr als 50 Prozent seiner Gaslieferungen aus Russland bezieht. Der Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine kann sich doppelt ungünstig auf diese Konstellation auswirken: Einerseits könnte es zu den deutschen Sanktionen Russland gegenüber gehören, künftig entweder gar kein Gas mehr abzunehmen oder zumindest deutlich weniger als bisher. Russland würden dadurch die Devisen aus dem Gasverkauf entgehen, eine wichtige Einnahmequelle.
Andererseits könnte Russland von sich aus die Gaslieferungen kappen, als Antwort auf die unterschiedlichsten Sanktionen durch Deutschland und die EU. Russland würde dadurch einen Devisenverlust in Kauf nehmen, könnte Deutschland aber auch empfindlich treffen, weil der Energieverbrauch ohne russisches Gas kaum gedeckt werden kann. Abermals steigen also die Energiepreise. Das betrifft nicht nur diejenigen, die mit Gas heizen, sondern auch alle Stromkunden, weil immer mehr Strom mit Gas erzeugt wird.
Kirchheim vertreibt kein Gas
Was das im Einzelfall für Kirchheim bedeutet, lässt sich aber nicht sagen. Stadtwerke-Geschäftsführer Martin Zimmert stellt fest: „Wir sind da komplett außen vor.“ Weder verkaufen die Stadtwerke Gas noch betreiben sie ein Gasnetz. Angesichts der aktuellen Entwicklung auf dem Markt scheint Martin Zimmert darüber nicht gerade unglücklich zu sein.
Wie auf dem Strommarkt auch, können Gaskunden ihr Gas bei unterschiedlichen Anbietern bestellen. Diese leiten das Gas über die Netze weiter, die die Netze BW in Kirchheim betreibt. Wenn ein Versorger derzeit zu günstige Preise garantiert hat, kann er das nicht allzu lange durchhalten. Wer als Kunde dann zum Grundversorger zurückkehrt, wundert sich über Höchstpreise. Der Strommarkt hat das bereits vorgemacht.
Anders als in Kirchheim sieht es in Nürtingen aus: Die dortigen Stadtwerke, die Gas verkaufen, haben der Nürtinger Zeitung aber versichert, dass für den Rest des Winters genügend Reserven vorhanden sind. Allerdings besteht die Gefahr, dass die Sanktionen gegen Russland und russische Gegenreaktionen noch lange anhalten können – unabhängig von der Dauer der militärischen Kämpfe in der Ukraine. Andreas Volz