Pierre Jarawan
Erfolgsautor kehrt zurück zu den Wurzeln

Der Schriftsteller ist Poetry-Slammer der ersten Stunde in der Kirchheimer Bastion. Zum 20-Jährigen moderiert er den Abend.

Pierre Jarawan lebt mit seiner Familie in München, mehr als 20 Jahre hat er in Kirchheim verbracht. Seine Mutter wohnt heute noch in der Teckstadt, sie besucht er regelmäßig.  Foto: pr/Maximilian Heinrich

Er gehört zu den „Slammern“ der ersten Stunde: Als die Kirchheimer Bastion vor 20 Jahren ihren ersten Poetry-Slam veranstaltet hat, war der Kirchheimer Pierre Jarawan dabei. „Ich hatte keine Ahnung davon und habe einfach Gedichte vorgetragen, die in der Schublade lagen“, erinnert er sich. Die Selbstinszenierung vieler „Slammer“ auf der Bühne war ihm völlig fremd, doch für das Publikum traf er den richtigen Ton: Es wählte ihn zum Sieger der ersten Ausgabe. Zum bereits ausverkauften Abend am heutigen Freitag kommt er wieder in die Bastion, dieses Mal aber als Moderator.

Jarawan hatte damals eine besondere Beziehung zum Poetry-Slam aufgebaut: Das unmittelbare Feedback des Publikums auf seine Texte hatte ihm gefallen. Bald nahm er deutschlandweit an Wettbewerben teil. 2011 gewann er die Baden-Württembergische Landesmeisterschaft, 2012 wurde er Internationaler Deutschsprachiger Meister. Obwohl es ihm gelang, von den Einnahmen zu leben, wurde ihm auch klar, dass es kein Job für ewig ist: „Ich musste rund 100 Auftritte im Jahr absolvieren und Workshops geben, damit es reicht“, sagt Jarawan, der mittlerweile mit seiner Familie in München lebt.

Zwar ist er regelmäßig bei den Veranstaltungen in Kirchheim dabei, aber der Poetry-Slam steht nicht mehr im Mittelpunkt seines Schaffens. Jarawan ist mittlerweile erfolgreicher Autor und kann von seiner Arbeit leben. Vor allem nach seinem Erfolg „Am Ende bleiben die Zedern“ im Jahr 2016 ist er Fulltime-Schriftsteller. Eine Zeit lang wollte er Journalist werden, hatte auch für den Teckboten gearbeitet und dann gemerkt, dass es nicht das Richtige war. „Das lag aber nicht am Teckboten“, erinnert er sich lachend.

Es hat sich viel geändert, „Poetry-Slam ist heute etabliert, die Gäs­te können im Fuchsen übernachten, damals auf der Couch meiner Mutter“. Es war offensichtlich ein „guter Jahrgang“: Von den Teilnehmern in der Bastion sind außer ­Pierre Jarawan noch mehrere Karrieren entstanden: Felix Lobrecht ist heute erfolgreicher Comedian, Podcaster („Gemischtes Hack“) und hat ein erfolgreiches Buch geschrieben („Sonne und Beton“). Hazel Brugger und Till Reiners sind ebenfalls erfolgreiche Comedians und Stammgäste im deutschen Fernsehen, Gleiches gilt für Sophie Passmann. „Die waren alle hier“, sagt Jarawan.

Buch mit ungeplanter Aktualität

Er selbst konnte sich den Traum des Schriftstellers verwirklichen, den er schon als 13-Jähriger hegte. Sein internationaler Erfolgsroman „Am Ende bleiben die Zedern“, der in Holland zu den sieben erfolgreichsten Büchern des Jahres gehörte, handelt von einem jungen Mann, der im Libanon die Wahrheit über seinen Vater erfahren will. „Das war ein Jahr nach 2015 (dem Beginn der damals sogenannten „Flüchtlingskrise“), mein Buch bekam also eine ganz besondere Aktualität und ich wurde plötzlich einer migrantisch geprägten Schriftstellerszene zugeordnet, allein meiner Biografie wegen“, sagt Jarawan, dessen Vater aus dem Libanon stammt, seine Mutter aus Deutschland. Zwar ist er in Jordaniens Hauptstadt Amman geboren, kam aber mit drei Jahren nach Kirchheim und hat dort mehr als 20 Jahre gewohnt, bis er 2011 nach München zog.

Seine Romane seien von familiären Erzählungen beeinflusst, hätten aber keinerlei biografische Züge, sagt der 39-Jährige, der mittlerweile selbst Vater von Zwillingen ist. „Ich kenne natürlich die Welt, aus der ich erzähle“, sagt er. Dennoch habe die Migrationsdebatte seinen Erstling überhaupt nicht beeinflusst: „Das Buch ist ja während der zwei Jahre vorher entstanden.“ Dennoch hänge die Aufmerksamkeit für seinen Erfolgsroman und sein Einstieg in den Literaturbetrieb auch mit dieser Entwicklung zusammen. „Das ist Fluch und Segen gleichermaßen.“ Überhaupt ist ihm wichtig, dass seine Bücher in erster Linie als literarisches Fenster in eine andere Kultur gesehen werden. „Ich habe keine Agenda, mir geht es ums Erzählen.“

Info: Im April 2025 erscheint Pierre Jarawans dritter Roman „Frau im Mond.“