Klaus T. (Name geändert) staunte an dem Dienstagmorgen nicht schlecht, als ihn die Polizei an der Kirchheimer Straße in Jesingen an die Seite winkte. Er war sich keines Vergehens bewusst oder war das nur eine standardmäßige Verkehrskontrolle? Die Antwort bekam er direkt durchs Fahrerfenster: Es handelte sich um eine rund einstündige Aktion, bei der „auf Sicht“ kontrolliert wurde, ob Fahrerinnen oder Fahrer während der Autofahrt ihr Handy benutzt haben. „Ich habe nicht telefoniert“, ist sich der Kirchheimer sicher. Allerdings braucht er das auch gar nicht, um gegen die Straßenverkehrsordnung zu verstoßen.
Seit einer Änderung der Straßenverkehrsordnung 2017 sind die Strafen bei Nutzung elektronischer Geräte während der Fahrt nicht nur drastisch erhöht worden, sondern werden auch deutlich strenger ausgelegt. Nicht nur das Telefonieren mit dem Handy am Ohr ist verboten: Smartphones oder Handys dürfen nur dann während der Fahrt zum Einsatz kommen, wenn sie sich in einer Halterung befinden – auch Ablegen auf dem Oberschenkel oder Einklemmen zwischen Kopf und Schulter gehen laut ADAC nicht.
Was bedeutet „kurz“ konkret?
Es reicht also, das Handy in irgendeiner Form zu nutzen. Sieht das die Polizei, kann sie ein Bußgeld verhängen. Woran sich Klaus T. erinnert: Er hat das Handy beim Einbiegen von der Einstein- in die Kirchheimer Straße in die Halterung gesteckt. Offenbar ist es dabei nicht geblieben. „Die Beamten sagten mir, dass es drei Zeugen gibt, die gesehen haben, dass ich das Handy in der Hand hielt und etwas eingetippt habe“, erzählt er. Das müsse dann später auf dem Rückweg nach Kirchheim passiert sein.
Ohnehin ist es theoretisch laut Paragraf 23 Absatz 1a nur zulässig, das Handy zu benutzen, wenn das „Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird“. Allerdings haben laut ADAC Gerichte in der Praxis das „In-die-Hand-nehmen“ des Handys als zulässig erachtet. Darüber hinaus darf ein Mobiltelefon während der Fahrt nur über eine Sprachsteuerung oder eine Vorlesefunktion genutzt werden. Denn: Auch wenn sich das Handy in einer Halterung befindet, darf man nur „kurz“ hinsehen, oder wie es im Gesetzestext heißt: „Eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen.“ Was aber nun genau „kurz“ bedeutet, wird dem pflichtbewussten Autofahrer oder der Autofahrerin im Paragrafen 23 der Straßenverkehrs-Ordnung nicht mitgeteilt.
Klaus T. kann sich jedenfalls nicht genau erinnern, wann er sein Handy nochmal in die Hand genommen habe, sagt er. Ausnahmen gelten nur, wenn der Motor „vollständig ausgeschaltet“ ist. Damit wird auch jede Unterscheidung bezüglich der Geschwindigkeit hinfällig. Ob man in einer Zone 30 oder auf der Bundesstraße unterwegs ist, spielt bei dieser Definition keine Rolle. „Dass es egal ist, ob man bei Tempo 30 oder auf der Autobahn auf das Handy schaut, verstehe ich nicht. Es ist auch ärgerlich, dass man gleich einen Punkt bekommt“, findet er. Zudem muss er 100 Euro Bußgeld, 25 Euro Bearbeitungsgebühr sowie 3,50 Euro „Auslagen“ begleichen, macht in der Summe stolze 128,50 Euro.
Ob es ein Trost für ihn ist, darf bezweifelt werden, aber Klaus T. war an diesem Tag nicht der einzige. „Innerhalb von einer Stunde gab es fünf Verstöße und einen nicht angelegten Sicherheitsgurt“, erklärt ein Sprecher der Polizeidirektion Reutlingen. Dabei habe es sich aber nicht um eine konzertierte Aktion im Landkreis, sondern nur um eine Kontrolle der Streife gehandelt, als fester Bestandteil der Polizeiarbeit.
Wichtig ist auch, dass das Verbot für alle elektronischen Geräte gilt, die der Kommunikation, Information oder Organisation dienen: Vom Tablet bis zum Navigationsgerät. Da wundert sich Klaus T. schon drüber: „Beim Tesla haben Sie alle Informationen auf dem Bildschirm in der Mitte des Autos, auch die Geschwindigkeit.“ Auch damit beschäftigen sich laut ADAC schon die Gerichte: Mit der zunehmenden Digitalisierung der Autos wird es bei der Straßenverkehrsordnung sicher noch Klärungsbedarf geben.
Infos: www.adac.de/verkehr/recht/verkehrsvorschriften-deutschland/handyverstoss/