Jeden Montag um 16 Uhr bekommt der zwölfjährige Michael Besuch – das weiß er ganz genau. „Er erzählt es jedem“, sagt Maria Mangold, die Mutter des Jugendlichen. Wenn Horst Jenne vom Kinder- und Jugendhospizdienst Kirchheim da ist, heißt es Spielen und Lachen oder Backen und Lachen oder Lesen und Lachen. Eines ist sicher: Der Spaß kommt bei den beiden nie zu kurz.
Der Kinder- und Jugendhospizdienst bekommt einen Teil der Spenden, die bei der 44. Teckboten-Weihnachtsaktion gesammelt werden. „Michael ist ein ganz fröhliches Kind“, sagt seine Mutter. Daran ändert auch seine Behinderung nichts. „Während oder vor der Geburt, das kann man nicht genau sagen, wurde Michael nicht mit genügend Sauerstoff versorgt.“ Deshalb funktioniere der Bereich im Gehirn nicht richtig, der für die Steuerung der Bewegungen zuständig sei. „Wenn er sich bewegen möchte, können die Signale nicht weitergeleitet werden und sein Körper verspannt sich.“
Leben statt Probleme wälzen
„Michael macht das alles ganz toll – er lebt im Hier und Jetzt. Trotz seiner Behinderung kann er lange leben“, sagt Jenne. „Es ist an dieser Stelle ganz wichtig zu sagen, dass wir vom Kinder- und Jugendhospizdienst immer da sind, wo auch der Tod ist. In diesem Fall geht es nicht um Michael, sondern um seinen Vater. Wir sind gekommen, weil Volker Mangold vor zwei Jahren sehr krank wurde und wir die Familie deshalb unterstützen und entlasten möchten.“
Der Ehrenamtliche redet mit Michael ganz offen über das Thema, hier steht aber trotzdem nicht der Tod, sondern das Leben im Vordergrund. „Es geht darum, Ablenkung, Normalität und eine gewisse Leichtigkeit in den Alltag zu bringen.“ Es solle das Leben und die Freude im Vordergrund stehen.
Eis essen und Busse zählen
Seine Einschränkung nimmt ihm nicht die Freude am Leben. „Michael ist ein richtiger Sonnenschein, von ihm kann ich ganz viel lernen“, sagt Horst Jenne. „Wir gehen oft spazieren, Eis essen oder setzen uns auf eine Bank und schauen den Bussen und der Stadtbahn zu. Michael kennt jede Nummer und jedes Ziel: Sein Gedächtnis ist unglaublich“, sagt der Ehrenamtliche. Auch bei schlechtem Wetter herrscht hier keine schlechte Laune: In den zwei Stunden, die Horst Jenne bei Michael ist, machen sie oft Spiele – heute steht Monopoly auf dem Programm. Außerdem haben es Kochsendungen dem Jugendlichen angetan. Auf die Frage, was er am liebsten isst, antwortet er verschmitzt: „Gurkensuppe“. Horst Jenne durchschaut ihn gleich: „Jetzt willst du mich nur ärgern.“ Sofort bricht Michael in Lachen aus. „Hast du überhaupt schon mal Gurkensuppe gegessen?“, fragt Jenne. „Nein“, gesteht Michael lachend. „Wir haben immer Spaß – egal, was wir machen, wir lachen ganz viel“, erklärt der Ehrenamtliche.
Kontakte knüpfen
„Michaels absolute Stärke ist die Kommunikation. Er redet einfach gerne. Und wenn ich ihn mal nicht richtig verstehe, bitte ich ihn, es mir mit anderen Worten zu sagen“, berichtet seine Mutter. Die größte Freude für ihren Sohn ist es, sich mit Menschen zu unterhalten. Das sieht auch Horst Jenne so. „Wenn wir unterwegs sind, grüßt er jeden, der uns begegnet. Da kommen ganz tolle Gespräche zustande.“ Die beiden haben aber auch an ein paar Details gearbeitet: So sagt Michael nicht mehr „Hallo, alte Oma, sondern „Hallo, Oma“. Maria Mangold wünscht sich für ihren Sohn viel Kontakt zu seinen Mitmenschen und Abwechslung. „Er ist sehr offen und neugierig, aber leider sind die Menschen nicht so offen wie er“, bedauert sie. So wollen die Kinder, die mit ihm im Haus leben, nicht mit ihm spielen. Seiner Mutter ist es ein großes Anliegen, die Inklusion weiter voranzubringen. Sie wollte Michael bei einem Kinderprogramm einer Naturschutzorganisation anmelden – aber da habe sie die Antwort bekommen, dass das mit dem Rollstuhl schlecht gehe. Genauso enttäuscht ist sie von einem Schülerferienangebot für Kinder und Jugendliche mit Behinderung: Hier gebe es viel zu wenige Plätze für die vergleichsweise große Nachfrage.
Horst Jenne zum Kinder- und Jugendhospizdienst
Seit 2020 ist Horst Jenne in Rente, seine Zeit wollte er mit etwas Sozialem füllen, deshalb war er zunächst in Wendlingen im Altenheim tätig. „Ich habe dort zwei Männer betreut, bis sie gestorben sind.“ Wenig später hat er in der Zeitung gelesen, dass für den Kinder- und Jugendhospizdienst in Kirchheim Ehrenamtliche gesucht werden. „Ich war mir unsicher, ob ich das kann ober ob ich die Probleme mit nach Hause nehme und nachts nicht mehr schlafen kann.“ Eine seiner Bekannten, die beim Hospizdienst tätig ist, hat ihn aber überzeugt. „Ich bin sehr froh, dass ich mich dafür entschieden habe – man bekommt einfach unglaublich viel zurück.“ Ein wesentlicher Grund für seine Entscheidung war außerdem sein Glaube. „Ich glaube an das ewige Leben bei Gott und daran, dass das Schönste noch kommt.“ Schade findet er an seiner Tätigkeit, dass das Ehrenamt generell so wenig Wertschätzung erfährt. „Es wird öffentlich nur selten in den Vordergrund gestellt und auch finanziell nicht gewürdigt.
Spendenkonten der Teckboten-Weihnachtsaktion
Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen
IBAN: DE35 6115 0020 0048 3333 44
BIC: ESSLDE66XXX
Volksbank Mittlerer Neckar
IBAN: DE66 6129 0120 0304 7770 05
BIC: GENODES1NUE