Kirche
„Es ist wichtig, Haltung zu zeigen“

Mit einer Plakataktion setzen sich der Kreisdiakonieverband Esslingen und die Evangelische Kirche für Werte wie Menschlichkeit ein. Bald sollen die Plakate in der Region für Aufmerksamkeit sorgen.

Die Geschäftsführerinnen des Kreisdiakonieverbands Esslingen Tanja Herbrik (links) und Christine Schneider sowie Christian Tsalos, der Dekan des evangelischen Kirchenbezirks Kirchheim, halten die Plakate hoch. Foto: Debora Schreiber

Im Kirchheimer Diakonieladen hängen schon die ersten Plakate, viele sollen folgen: in den Kirchengemeinden, in Kommunen und auf Social-Media. Auf ihnen sind Aussagen zu lesen wie „zusammenleben, statt Remigration“, „mitmachen, statt meckern“ oder „fair teilen, statt immer ich“. Aber was steckt hinter der Aktion? „Mit unseren Plakaten verfolgen wir eigentlich zwei Zwecke: Wir wollen in einer immer ausgeprägteren Ellenbogengesellschaft unsere Werte publik machen, und wir wollen den Menschen wieder ins Gedächtnis rufen, dass die Diakonie keine Firma ist, sondern die Kirche“, sagt Christian Tsalos, Dekan des evangelischen Kirchenbezirks Kirchheim und Vorstandsvorsitzender des Kreisdiakonieverbands im Landkreis Esslingen.

Vernünftige Lösungen finden

Die Kirche, so Tsalos, sei nicht nur für Gottesdienste und Beerdigungen zuständig, sondern habe auch eine helfende Seite, die vielen gar nicht mehr bewusst sei. „Fast alle Menschen können etwas mit dem Mercedes-Stern anfangen, aber die wenigsten wissen noch, dass sich hinter dem Kronenkreuz, das auch auf unseren Plakaten abgedruckt ist, die Kirche verbirgt“, sagt Tsalos. Aus diesem Grund haben sich die Diakonie und die Kirche dafür entschieden, eine Plakataktion ins Leben zu rufen. Und obwohl die Plakate in gewisser Weise an Wahlplakate erinnern, sei die Idee unabhängig von der Bundestagswahl entstanden. Ignorieren lasse sich der Wahlkampf dennoch nicht und habe daher den ein oder anderen Impuls bei der Gestaltung und der Themenwahl gegeben. „Wir sind quasi von rechts überholt worden“, sagt Tanja Herbrik, die Geschäftsführerin des Kreisdiakonieverbands Esslingen.

Im selben Atemzug kritisiert sie die Rolle, die das Thema Migration im Wahlkampf einnimmt. Es werde noch auf die Schwächsten draufgeschlagen, um ihnen die Schuld zuzuschieben und Stimmung zu machen, anstatt sich vernünftige Lösungen zu überlegen – und diese könnten ihrer Ansicht nach nie in den Extremen liegen. Vielmehr müssten die Grundsätze der Menschlichkeit und Christlichkeit Beachtung finden. In der Remigration, so Herbrik, könne nicht der Schlüssel zur Lösung des Problems gesehen werden, schon alleine wegen des noch immer anhaltenden Fachkräftemangels. 

Auch Christine Schneider, Geschäftsführerin des Kreisdiakonieverbands Esslingen, stößt ein Thema bitter auf: Die politische Debatte um das Thema Bürgergeld werde so geführt, dass der Eindruck entstehe, dort könne noch etwas gekürzt werden. Das ist nach den Worten Schneiders aber gerade nicht der Fall. „Es gibt Menschen, die haben schon am 23. des Monats nur noch 20 Euro im Geldbeutel und müssen damit über die Runden kommen“, erklärt sie. Die Betroffenen könnten sich keine Fehltritte erlauben. Jeder Cent, der ausgegeben wird, müsse exakt kalkuliert werden, das könne sich jemand, der nicht betroffen ist, überhaupt nicht vorstellen.

Steine, die ins Rollen kommen

Außerdem mahnt Schneider, dass jeder einmal auf staatliche Unterstützung angewiesen sein könnte: „Die meisten Menschen sind näher am Bürgergeld als am Luxusleben.“ Oft reiche ein kleiner Stein, der ins Rollen kommt, wie etwa eine Stromrechnung in Höhe von lediglich 70 Euro, die nicht gezahlt werden kann oder eine Waschmaschine, die kaputtgeht, ein fehlender Kitaplatz und vieles, vieles mehr. Die oft unfreiwillige Lage würden politische Akteure nun so darstellen, dass sich diese Menschen ein schönes Leben in der sozialen Hängematte machen. Tanja Herbrik gibt zu bedenken, dass die einfache Wahrheit meist keine tragfähige Wahrheit sei.

Deshalb soll es mit der Wahl auch nicht enden, die Diakonie möchte sich auch weiterhin positionieren, möchte aufklären und sich für Werte der Menschlichkeit stark machen. Tanja Herbrik verdeutlicht: „Es ist wichtig, Haltung zu zeigen. Wir können Menschen in schwierigen Situationen nicht alleine lassen, sondern müssen ihnen helfen.“