Statt mit Messer, Stichel, Rund- oder Hohleisen bearbeitet Monika Schaber ihre hölzernen Druckstöcke mit unterschiedlich starken Bohrern: „Die Bohrmaschine ist mein Zeichenstift“, erklärt die Kirchheimer Künstlerin. Loch um Loch fräst sie in die Holzplatten. Die Teile werden mit der Walze mit Offsetfarbe eingefärbt. Dann kommt eine Lage Japanpapier, Taft oder dickes, saugfähiges Papiervlies darüber. Mit einem Falzbein reibt Schaber die Farbe in kreisenden Bewegungen vom Druckstock aufs Papier für ein nicht reproduzierbares Unikat.
Die Holzpartien, die sie beim Bohren wie eine Forscherin sukzessive abträgt, das Papier, dessen Spannungen sich manchmal in störrischen Falten abbauen, und die Farbe, die nie hundertprozentig dieselbe Wirkung hat - diese Widerständigkeit der Materialien fordert die Künstlerin bei jeder ihrer Arbeiten von Neuem heraus. Trotz großer Erfahrung und exakter Planung birgt so ein Druckvorgang immer ein unkalkulierbares Überraschungsmoment: „Es liegt nie ganz in meiner Hand“, betont die Künstlerin. Das ist es, was sie an der uralten Technik des Holzschnitts fasziniert.
Die meisten Arbeiten von Monika Schaber, die Freie Grafik an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart studiert hat und die mit einem Lehrauftrag an der Hochschule Nürtingen-Geislingen unterrichtet, sind farblich sehr zurückgenommen. „Mich interessieren die Struktur und das Formbildende. Farbe würde mich da eher ablenken“, begründet sie. Schwarz ist die Grundlage, mal mischt sie einen winzigen Klacks Farbe hinein für eine schimmernde Anmutung von Blau oder Grün. Mal druckt sie Rot über Blau für ein tintenblaues Schwarz. Mal druckt sie leicht versetzt Weiß über das Schwarz.
Und manchmal wechselt sie spontan zu einem fast transparenten Rot: „Vielleicht habe ich dann einfach auch mal genug vom Schwarz“, sagt Schaber lachend. Sie zeichnet auch mit Tusche oder mit weißem Lackstift auf selbst bedrucktes Papier, und sie fertigt großartige Buch-Unikate mit Original-Drucken, die sie durch Fotos, Zeichnungen und zeitgenössische Texte und Gedichte ergänzt.
Manche ihrer Druckplatten bearbeitet sie über Jahre hinweg kontinuierlich wieder und wieder. Als Chemisch-Technische Assistentin hat Monika Schaber vor ihrem Kunststudium in einem Labor gearbeitet. Ihre künstlerische Vorgehensweise gleicht in gewisser Weise einer wissenschaftlichen Versuchsanordnung, bei der genau beobachtet wird. Immer wieder werden Parameter verändert, um die Reaktionen zu erforschen. Schaber stellt sich gedanklich und experimentierend immer neuen Aufgaben. Neugierig auf der Suche nach visuellen Gewissheiten testet sie aus: Sie druckt kreisrunde Büttenpapier-Segmente in ihre Abzüge mit hinein. Sie präsentiert ihre Werke nicht nur gerahmt, sondern auch locker fallend oder über einer Stange hängend. Sie erobert die dritte Dimension, indem sie Drucke wellenförmig platziert, reliefartig in Segmente faltet, wie ein Kissen füttert, auf einen Keilrahmen aufzieht oder in einem Leuchtrahmen illuminiert.
Der Betrachter hinterfragt angesichts der ambivalent changierenden Bilder seine eigenen Sehgewohnheiten: Was liegt hinter dem, was wir sehen? Monika Schaber schafft Punkt für Punkt, Pixel für Pixel, Strichlein für Strichlein verdichtete Strukturen, Formen, Rhythmen und Bewegungen. Es scheint, als werfe man einen Blick durchs Mikroskop auf Zellstrukturen oder Bakterienkulturen. Dann wieder gibt es konkrete Anknüpfungspunkte, wie jene nächtliche Luftbild-Folge aus Damaskus, auf der nach vier Jahren Kriegszustand in Syrien keine Lichter mehr zu sehen sind, weil die Siedlungen zerstört sind. Schaber eröffnet mit ihren Arbeiten poetische Räume: „Es geht mir darum, den inneren Raum weiter zu machen. Ich möchte diese Welt, die mich beschäftigt, visualisieren und sie damit auch für andere Menschen öffnen.“
Info Vom 29. März bis zum 24. Mai plant Monika Schaber eine Ausstellung unter dem Titel „Erkundungen - von der Poesie des Materials“ in der Q-Galerie für Kunst in Schorndorf, Karlstraße 19.