Kirchheim
„Es war eine runde Sache“

Fastenzeit Bei den Onlinetreffen zum Klimafasten waren nur die ohnehin Engagierten dabei. Sie haben vom familiären ­Austausch profitiert. Von Peter Dietrich

Jede Woche waren etwa 15 bis 20 Teilnehmer dabei, jede Woche ging es um ein anderes Thema - etwa Wasser, Heizen, Ernährung oder Mobilität. Eine Teilnehmerin aus dem Landkreis Lüchow-Dannenberg hatte das Kirchheimer Angebot im Internet gefunden. Beim letzten Treffen am 31. März waren alle rundweg zufrieden. Bewährt hat sich die Vernetzung: Hans Dörr vom Forum 2030 Kirchheim staunte, wie viele gute Positionen und Papiere es in den Kirchen gibt - und fragte sich, ob die denn in den einzelnen Kirchengemeinden alle so bekannt sind, wie sie es verdient hätten. „Es war eine runde Sache“, sagten am Ende des letzten Abends gleich mehrere Teilnehmer. Eine Teilnehmerin war erfreut über die vielen Buchtipps und regte einen vierteljährlichen literarischen Zirkel an, beim dem sich die Teilnehmer gegenseitig Bücher vorstellen. Diesmal hatte Hans Dörr den Teilnehmern „Die grüne Lüge“ von Kathrin Hartmann und „Reichtum ohne Gier“ von Sahra Wagenknecht ans Herz gelegt.

Am Anfang stand ein Rückblick: Wie ist es den Teilnehmern mit dem Wochenthema „Mobilität“ ergangen? Dem einen fällt es gar nicht so leicht, das Auto stehen zu lassen, wenn es vor der Tür steht. Ihr Mann habe betont, erzählte eine Teilnehmerin, das Auto müsse bewegt werden, sonst sei bald die Batterie leer. Das war einem Teilnehmer am alten Wohnort mehrmals passiert, so oft ließ er sein Auto zugunsten des Fahrrades stehen. „Ich würde das Auto am liebsten abschaffen, es steht nur in der Tiefgarage rum, aber mein Mann möchte es nicht loslassen“, sagte eine Teilnehmerin. Pfarrer Jochen Maier gefiel die Mitfahrerbank an einem Ortsausgang, die er vor kurzem im Schönbuch sah. Eine Teilnehmerin hatte vor einiger Zeit ihre Arbeitsstelle gewechselt, um weniger fahren zu müssen, und erlebt das als ein Plus an Lebensqualität. „Wir hatten früher zwei Autos, haben das größere abgeschafft und das kleinere behalten, dafür bin ich jetzt Mitglied bei Stadtmobil,“ sagte ein Teilnehmer. Für die Moderatorin Kerstin Wacha ist das Thema ganz einfach: „Ich fahre überhaupt nicht gerne Auto, das hilft mir beim Verzicht.“

Als Impuls stellte Jochen Maier die „9,5 Thesen zum schöpfungsgerechten Handeln“ des Umweltbeauftragten der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Klaus-Peter Koch, vor. Die Schöpfung als Verfügungsmasse des Menschen zu betrachten, sei ein jahrhundertealter Irrtum. „Sie ist uns anvertraut zu treuen Diensten. Wir sind die Gärtner.“ Die Menschen sollten sich als „weltweite Hausgemeinschaft“ verstehen, verbunden auch mit entfernten Kulturen und zukünftigen Generationen. Die armen Regionen litten am meisten unter dem Klimawandel: „Welche Haftung tragen wir für die Schäden, dir wir als westliche Welt anrichten?“

Das Thema der letzten Fastenwoche, „Neues wachsen lassen“, hat Jochen Maier wörtlich genommen. Er hat eine Liste des BUND mit insektenfreundlichen Gehölzen für den Garten herangezogen und anhand dieser Liste Stauden bestellt. Es gebe in Kirchheim sehr viele Möglichkeiten, sich zu engagieren, machte Kerstin Wacha Mut: „Wir dürfen jeden Tag aufbrechen und etwas Neues wagen.“

Wie Neues bedroht ist, berichtete Willi Kamphausen. Endlich konnte das Kirchheimer Brückenhaus einen Abenteuergarten anlegen, eine 30 Jahre alte Idee wurde wahr. Doch schon sei dieser durch das Gewerbegebiet „Hungerberg“ bedroht. Also wurde schnell Oberbürgermeister Pascal Bader eingeladen, er kam und sah vor Ort, was es dort zu erhalten gilt. Eine Teilnehmerin hat im Nordschwarzwald erlebt, wie fast alle kirchlichen Kindergärten Partner des Nationalparks wurden. Sie staunt, wie gut die Kinder durch ihre regelmäßigen Besuche die Insekten und Pflanzen kennen.

Gegen das „Greenwashing“

„Wir müssen sehen, dass sich die Unternehmen nicht nur ein grünes Mäntelchen geben“, betonte eine Teilnehmerin, „aber ohne sie können wir im Klimaschutz nichts bewirken, wir müssen sie in die Pflicht nehmen.“ Eine andere Teilnehmerin will versuchen, den Kirchheimer Weltladen klimaneutral zu machen. „Es hat sehr gut getan, die Gemeinschaft“, sagte eine Teilnehmerin. Ihre neueste Erkenntnis: Manche Pseudo-Zertifizierungen bekannter Schokoladehersteller seien nichts wert. „Deshalb bleibt der teure Hase bei mir liegen.“