Nils Schmid wird wohl erneut in den Bundestag einziehen. Dennoch war die Stimmung des SPD-Abgeordneten am Wahlabend alles andere als euphorisch: Mit etwas mehr als 16 Prozent haben die Sozialdemokraten ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl eingefahren. Entsprechend gedämpft war die Atmosphäre bei den rund 20 Genossinnen und Genossen im Kirchheimer Storms, darunter SPD-Urgestein Andreas Kenner und Kirchheims ehemalige Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker. Nils Schmid, seit 2017 im Bundestag, sprach denn auch von einer „heftigen Niederlage“. Im Wahlkampf habe er gespürt, dass es eine regelrechte „Mauer der Unzufriedenheit mit der Regierung“ gegeben habe. „Dagegen konnten wir nichts ausrichten“ so sein ernüchtertes Fazit.
„Auch wenn die CDU zugelegt hat – es wäre noch etwas Luft nach oben gewesen“, so kommentierte Professor Matthias Hiller das bundesweite Ergebnis seiner Partei. Ob es für ihn selbst reiche, sei eine Frage des neuen Wahlrechts und war am Sonntag noch unklar. Es hänge auch davon ab, ob das BSW beziehungsweise die FDP in den Bundestag kämen. Mit dem eigenen Ergebnis zeigte er sich „saumäßig zufrieden“. Hiller verfolgte die Hochrechnungen zusammen mit rund 80 Anhängerinnen und Anhängern der CDU in der Kirchheimer Braurevolution. „Die Stimmung dort ist ganz gut“, betonte er. „Alle fiebern mit, ob es im Wahlkreis reicht.“ Er ging am Sonntag davon aus, dass am Montag feststeht, ob er den Einzug in den Bundestag schafft oder nicht. Sollte er das Mandat bekommen, heißt es ab nach Berlin. Am Dienstag tagt die Landesgruppe der CDU und die Fraktion tritt zusammen. Der 40-jährige Nürtinger hatte erstmals für den Bundestag kandidiert.
Für den Grünen-Abgeordneten Matthias Gastel ist das Wahlergebnis keine Überraschung, sondern lediglich eine Bestätigung der Umfragen. „Zufrieden kann man damit nicht sein“, sagte er. Ziel sei gewesen, mehr Prozentpunkte zu holen als beim letzten Mal. „Die hohen Beliebtheitswerte für Robert Habeck haben nicht auf die Partei abgefärbt“, so Gastel. Er verbrachte den Abend mit rund 30 Leuten in Echterdingen in den Ratsstuben. Wahlentscheidend seien Themen wie Wirtschaft, Migration und Innere Sicherheit gewesen. „Das sind Kompetenzen, die eher anderen zugeschrieben werden.“ Für wie wahrscheinlich er eine Regierungsbeteiligung der Grünen hält? „Ich gehe davon aus, dass Friedrich Merz erst Koalitionsgespräche mit der SPD führt. Sie ist billiger zu haben“, meinte Gastel. Die Grünen stellten höhere Ansprüche.
„Ich fühle mich an 2013 erinnert. Es ist eine Zitterpartie“, sagte Renata Alt angesichts der ersten Hochrechnungen in der ARD, die die FDP bei 4,9 Prozent sahen. Entsprechend angespannt sei die Stimmung unter den Liberalen im Hans-Dietrich-Genscher-Haus, wo Renata Alt den Wahlabend verbrachte. Vor zwölf Jahren fehlten der FDP 90 000 Stimmen für einen Einzug in den Bundestag. Selbst wenn die FDP die Fünf-Prozent-Hürde nähme: Mit Platz 7 auf der Landesliste wird die Kirchheimerin wohl nicht mehr Mitglied des Bundestags sein. „Das Leben geht weiter“, sagte die 59-jährige dazu. Sie hätte alles drangesetzt, die Wahlrechtsreform mit durchzusetzen, wohlwissend, dass ihr eigener Stuhl in Berlin damit wackeln würde.
AfD-Kandidat Christof Deutscher feierte in Wolfschlugen mit rund 50 Leuten. „Wir sind natürlich super happy“ so kommentierte er das Wahlergebnis, das sich für seine Partei bei rund 20 Prozent einpendelte. Nach und nach tröpfelten gegen 19 Uhr die knapp 20 Wahlbeobachter ein, die die AfD im ganzen Wahlkreis losgeschickt hatte, um die Auszählungen zu überwachen. Aus Misstrauen? „Ja, klar“, sagte Deutscher. „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“
„Super“, so lautete der Kommentar von Linken-Kandidatin Clara Meier zum Wahlergebnis ihrer Partei. Mit rund 50 Sympathisantinnen und Sympathisanten feierte sie am Wahlabend in Nürtingen im Café MaLe. Die Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern im Wahlkampf habe sich ausgezahlt. „Wir haben uns um ihre Alltagsprobleme gekümmert“, sagte Meier. Dazu gehörten etwa hohe Mieten und hohe Lebensmittelpreise.