Kirchheim
Fachlehrer: zurück auf die Schulbank

Bildung Linda Schnurrenberger und Jannis Rettinger machen am Kirchheimer Seminar ihre Ausbildung zur Fach­lehrerin und zum Fachlehrer. Obwohl es ihnen dort gefällt, möchten sie wohl nicht bleiben. Von Debora Schreiber

Linda Schnurrenberger aus Memmingen und Jannis Rettinger aus Singen sind Anwärter am Seminar in Kirchheim. Foto: Markus Brändli

Eine Ausbildung zur Fachlehrerin oder zum Fachlehrer zu machen, heißt: von vorne anzufangen. Das hat sich Linda Schnurrenberger, die sich im zweiten Ausbildungsjahr am Kirchheimer Seminar befindet, getraut. Ihre erste Ausbildung zur Kauffrau für Speditions- und Logistikdienstleistungen hat sie nicht nur durchgezogen, sondern hat auch drei Jahre lang in dem Beruf gearbeitet – bevor sie ihr Leben umgekrempelt hat.

Keine leichte Entscheidung

„Ich habe mir im Vorfeld gut überlegt, ob ich noch mal einen Schritt zurückgehe, schließlich habe ich auch schon einige Zeit richtig verdient“, sagt sie. Jedoch war für sie schon im Laufe ihrer ersten Ausbildung klar: Sie wollte mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Die Frage war irgendwann nur noch, ob sie studieren oder die Ausbildung zur Fachlehrerin machen sollte. „Das Studium hätte noch mal fünf Jahre gedauert, dabei hätte mir die Praxis gefehlt und der finanzielle Aspekt spielte natürlich auch mit rein“, sagt Linda Schnurrenberger. Ein weiteres Argument: Eine ihrer Freundinnen war bereits am Seminar und konnte es ihr wärmstens empfehlen. Außerdem unterstützte ihre Familie sie, sodass es keinen Gegen-, sondern Rückenwind gab.

„Ich habe jetzt das Gefühl, genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein“, sagt die Anwärterin. Sie habe noch keine Kinder, sei aber alt genug, dass die Schülerinnen und Schüler sie ernst nehmen würden. An ihrer Arbeit schätzt sie ganz besonders die Kreativität. „Trotz der Grenzen des Lehrplans kann ich mich bei der Unterrichtsvorbereitung ausleben.“ Das Fach „Alltagskultur, Ernährung und Soziales“, das sie gewählt hat, macht das besonders gut möglich. Dabei habe nicht nur sie Spaß: „Die Schülerinnen und Schüler kommen aus sich heraus und geben einem sehr viel zurück.“ 

In Kirchheim fühlt sie sich sehr wohl und hat auch mit ihren Vermietern großes Glück, dennoch möchte die Allgäuerin nach ihrer Ausbildung wohl zurück. „Ich habe dort meine Familie, meine Freunde und auch meinen Partner“, sagt sie. Daher nimmt sie jedes Wochenende die 125 Kilometer lange Stecke in Kauf. Das Seminar sieht sie trotzdem nur positiv: „Alle unterstützen sich gegenseitig, und auch die Mentoren an der Schule sind sehr engagiert.“ Eine Kneipentour durch Kirchheim mit den anderen Kursteilnehmerinnen und -teilnehmern sei auch mal drin. 

Anknüpfen statt umkrempeln

Jannis Rettinger hat nicht alles auf den Kopf gestellt, sondern an seine erste Ausbildung angeknüpft. „Ich habe an der Sport- und Gymnastikschule in Stuttgart meine Ausbildung gemacht“, sagt er. Danach hat er sich am Kirchheimer Seminar beworben. „Das ist nicht ungewöhnlich, das machen viele so.“ Dafür gebe es gute Gründe: „Man verdient besser, der Job ist angesehener, man hat mehr Einsatzbereiche und wird verbeamtet.“

Der aus Singen stammende Anwärter ist in Kirchheim komplett angekommen. Er lebt in einer Vierer-Wohngemeinschaft in der Max-Eyth-Straße mitten in Kirchheim, geht ins Stuntwerk und besucht mit seinen Seminarkolleginnen und -kollegen gerne das Storm’s. „Dort tritt einer aus unserem Jahrgang immer mal wieder auf, da schauen wir gerne vorbei.“

Das besondere am Seminar sei, dass man nicht in fertige Kreise komme: Der Großteil sei nicht aus Kirchheim, sondern neu in der Stadt – daher wachse man schnell zusammen. Trotzdem ist er froh, dass seine WG-Mitglieder nicht vom Seminar sind. Ein bisschen Abstand brauche man dann schon. Am Bodensee leben seine Familie, Freunde und Freundin, sodass auch er nach der Ausbildung wohl wieder in seine Heimat zurückkehren wird. „Wenn es möglich ist, würde ich auch gerne schon während dem Referendariat etwas näher an Singen eingesetzt werden – mal schauen, ob das möglich ist“, sagt Jannis Rettinger.