Justiz
Familienstreit eskalierte an Halloween auf offener Straße

Eine Mutter hatte ihre Tochter mutmaßlich auf der B 465 geschlagen und zwei Polizisten verletzt. Jetzt ist am Amtsgericht Kirchheim ein Urteil gesprochen worden.

Symbolbild

Kirchheim. Sechs Zeugen ließ Richter Roberto Santoro bei der Verhandlung am Kirchheimer Amtsgericht in den Zeugenstand rufen. Sie sollten helfen, den Vorfällen auf den Grund zu gehen, die sich an Halloween 2024 gegen 21.45 Uhr auf der Bundesstraße B465 auf der Höhe der Autobahnmeisterei zugetragen hatten. 

Die damals 15-jährige Katarina B.war zu diesem Zeitpunkt mit ihrer Mutter Anastasia (Namen geändert) im Auto offenbar in einen heftigen Streit geraten – darüber gehen die Aussagen der Beteiligten auseinander. Auslöser war eine nicht eingehaltene Uhrzeit, zu der die Tochter nach einer Halloween-Party in Ulm wieder zu Hause sein sollte. Stattdessen musste sie reichlich angetrunken – später wurden 1,5 Promille Alkoholgehalt gemessen – mit ihrer Freundin aus Wendlingen abgeholt werden – von der Mutter, einem Bekannten und dem Vater der Freundin.

An einer Ampel sprang die Tochter dann aus dem parkenden Mercedes Sprinter und lief entlang der Fahrspur Richtung Dettingen. Ihre Mutter folgte ihr kurze Zeit später, um sie nach eigener Aussage festzuhalten und zu schützen. Sie sei in Panik gewesen, lässt sie über ihre Anwältin ausrichten. Dass sie dabei nur die Haare ihrer Tochter erwischt hatte, räumte die aus der Ukraine stammende Angeklagte ein. Doch sie habe ihr nicht weh tun wollen, nur „festhalten“.

Das sagten zwei Zufallszeugen jedoch anders aus. Sie hatten in einem Fahrzeug auf der anderen Straßenseite die Szene beobachtet. Den Zeugen zufolge habe die Mutter ihre auf dem Boden liegende Tochter mehrfach geschlagen und laut einem Zeugen sogar getreten.

 

Polizeistreife kommt durch Zufall vorbei

Dabei blieb es aber nicht. Eine zufällig vorbeikommende Streife bekam es auch noch mit der ebenfalls alkoholisierten Mutter zu tun. Beim Versuch, Mutter und Tochter zu trennen, verstauchte sich eine Polizeibeamtin vom Polizeirevier Kirchheim den Mittelfinger, als ihn die Angeklagte zu fassen bekam und verdrehte. Der männliche Polizeibeamte schürfte sich den Ellenbogen auf, als er Anastasia schließlich auf dem Asphalt fixierte. Dabei verletzte sich auch die Angeklagte am Arm und an der Nase. Mittlerweile hatten die Beamten Verstärkung angefordert, insgesamt waren vier weitere Streifenfahrzeuge am Ort des Geschehens.

Den lückenhaften Aussagen des Fahrers und des Mitfahrers schenkte Richter Roberto Santoro nur wenig Glauben, zumal der Fahrer einige Zeit mit Anastasia B. in einer Beziehung lebte. Nicht erschienen war trotz Einladung die Tochter der Angeklagten. Sie befinde sich aktuell in der Ukraine in einem Krankenhaus und werde wegen Herzproblemen behandelt, übersetzte die Dolmetscherin eine Aussage von Anastasia B. Etwas Licht konnte aber eine Aussage aus einer familiengerichtlichen Anhörung der Tochter im Dezember 2024 bringen. Katarina befand sich nach den Vorfällen in Obhut einer Jugendhilfeeinrichtung im Landkreis. Demnach hat die Mutter nicht zum ersten Mal Gewalt gegen sie angewendet, etwa wenn sie nicht geputzt habe.

Rechtlich stehen unter dem Strich Widerstand und tätliche Angriffe gegen Vollstreckungsbeamte sowie Körperverletzung und eine Vorstrafe wegen Erschleichung von Leistungen. Die Argumente der Verteidigung, dass die dreifache Mutter seit ihrer Flucht aus der Ukraine 2022 in beengten Wohnverhältnissen in Owen lebt, es wegen Sprachproblemen zu „vielen Missverständnissen gekommen sei“ und sie sich bei beiden Polizeibeamten entschuldigt hatte, reichten dem Richter nicht. Zu ihren Gunsten sprach lediglich, dass sie nach eigener Aussage nach einem Nervenzusammenbruch im Dezember keinen Alkohol mehr trinkt und einen Job in Aussicht hat.  Der Richter folgte in seinem Urteil schließlich dem Antrag von Staatsanwältin Tanja Rothweiler: Sieben Monate Haft, die zur Bewährung ausgesetzt sind, sowie 1500 Euro für die Polizeistiftung in Baden-Württemberg.