Kirchheim
Fastengespräch: Den Müll kann man sich sparen

Nachhaltigkeit Viele „Unverpackt-Läden“ sind sehr jung. Daniela Rosenwirth hingegen ist eine Pionierin. Beim Fastengespräch erzählte sie von Ideen, Tücken und Erfahrungen. Von Peter Dietrich

Der junge Mann mit Springerstiefeln, der zu Daniela Rosenwirth in den Laden „Knack-Punkt“ gekommen war, sah vielleicht etwas furchterregend aus. „Ich kenne ihn aber, er ist so lieb, streng öko und vegan.“ Weil er es eilig hatte, verzichtete er bei seiner eigenen Verpackung fürs Vitamin C-Pulver auf eine Beschriftung. Eine Viertelstunde später kam er zurück, von zwei Polizisten begleitet. Daniela Rosenwirth bestätigte gleich, dass das tatsächlich Vitamin C war – und keine verbotene Substanz. Die Beschriftung gehört sonst zum Service.

Die Expertin weigert sich auch strikt, ein Reinigungsmittel in eine Lebensmittelflasche abzufüllen, das könnte zu Verwechslungen führen. Dass Gesetze für die Beschriftung teils auch noch Schriftgröße und -art vorschreiben, findet sie allerdings merkwürdig. Genauso wie viele andere Hürden, die der Gesetzgeber ersonnen hat. „Er legt uns massive Steine in den Weg.“ Manche Regeln wirkten so, als ob sie kleine Anbieter vom Markt halten wollten – für einen großen Konzern hingegen sind 30 000 Euro für eine Zertifizierung kein Problem. „Deutschland bürokratisiert sich zu Tode, und wenn die EU dazukommt, wird es ganz lustig.“

 

Wenn wir so weitermachen, schwimmen
2050 mehr Plastikteile als Fische im Meer.
Jochen Maier
Der Pfarrer kennt die Folgen
der Verpackungsflut.

Beim wöchentlichen Fastengespräch der Stadt, vom Forum 2030 und den evangelischen und katholischen Gesamtkirchengemeinden, diesmal zum Thema „Verpackung“, berichtete Daniela Rosenwirth vom Lernprozess im Zwei-Frauen-Betrieb. Anfangs sollten die Kunden selbst abfüllen, doch das führte bei Flüssigprodukten öfters zu einer Sauerei. „Jetzt füllen wir ab.“ Ein mitgebrachtes Gefäß muss innen absolut trocken und sauber und für das Produkt geeignet sein: Marmeladegläser etwa seien für Pulver und feste Stoffe gut, aber für Flüssigkeiten nicht dicht genug. „Dafür sein Hustensaftflaschen ideal.“ Produkte, die Feuchtigkeit ziehen können, sollten nicht in Papiertüten.

Bei Waschpulver funktioniert das Nachfüllen noch nicht, aber beim Flüssigwaschmittel klappt es. „Das gibt es so konzentriert, dass für eine Acht-Kilogramm-Maschine 15 Milliliter reichen.“ Die Hygiene ist bei Putz- und Waschmitteln kein Problem: „Die sollen ja reinigen, da haben Pilze und anderes keine Chance.“ Wenn sich Kosmetik aus rechtlichen Gründen nicht nachfüllen lässt, helfen Einzelkomponenten: Sie fallen „nur“ unter das Chemikaliengesetz.

40 Tonnen Plastik weniger Plastik

Seit Bestehen – früher in einer Doppelgarage in Owen, heute in Kirchheim – hat der „Knack-Punkt“ rund 40 Tonnen Plastik gespart, schätzt Daniela Rosenwirth. Anfangs kamen Lieferungen noch in 50-Liter-Fässern, doch die lassen sich ohne Stapler nicht hochheben. Heute sind 10-Liter-Kanister im Gebrauch, die an die Lieferanten zurückgehen und etwa zehn Mal verwendet werden.

Warum Verpackungen reduziert werden müssen, stellte Pfarrer Jochen Maier klar, der die Moderation übernommen hatte: „Wenn wir so weitermachen, schwimmen 2050 mehr Plastikteile als Fische im Meer.“ Ganz auf Plastik verzichten kann und will auch Daniela Rosenwirth nicht: „100 Prozent ist nicht möglich.“ Aber es gebe viele Möglichkeiten zum Reduzieren und zum besseren Recycling: „Wie das in Korea funktioniert, wo die Menschen den ausgewaschenen Kunststoff direkt zum Müllauto bringen, davon ist Deutschland meilenweit entfernt.“

So mache gute Idee kam auch von den Teilnehmern: Wer die Plastiktüten, in denen das Klopapier oder die Cornflakes ins Haus kommen, sauber aufschneide, habe einen kostenlosen Müllbeutel. Eine Teilnehmerin kommt durch konsequente Nutzung der unvermeidbaren Verpackungen ganz ohne gekaufte Müllbeutel aus. Auf den Markt oder zum Bäcker kann man auch mit eigenen Säckchen gehen. Eine Woche lang wollen die Teilnehmer der Fastengespräche nun beim Einkaufen besonders auf das „Drumherum“ aufpassen.