Kirchheim. Die Faszination Automobil ist weit verbreitet und bei vielen ungebrochen, erst Recht rund um Stuttgart, wo Mercedes und Porsche zuhause und damit der (Wirtschafts-)Motor einer ganzen Region sind. Der Kirchheimer Norbert Kugel gehört auch zu jenen, die die Faszination nicht loslässt, weshalb er den Anfängen dieser Technik in seinem Buch „Heinrich Buschmann – Ein Leben für das Kraftfahrzeug“ nachgeht. Die Frage, warum er vom Schrauber zum Schreiber wurde, beantwortet er selbst: „Da ich Parkinson habe, ist die Autorentätigkeit und die Arbeit im historischen Feuerwehrmuseum in Kirchheim eine gute Therapie.“
Heinrich Buschmann – wer? Bei seinen Recherchen zu den Anfängen des Automobils stieß Norbert Kugel auf den Ingenieur, der lange in Esslingen lebte und bedeutende Arbeit für die Firma Magirus leistete. Geboren wurde er 1886 in Hamburg als Sohn eines Instrumentenbauers und Musikwarenhändlers. Eine im Frust im Unterricht weggeworfene Kreide hatte enorme Auswirkungen auf seinen weiteren Lebensweg. Statt Französisch sollte er Naturwissenschaften lernen, der Schulrektor empfahl ein Gymnasium in Göttingen. „Aber weil es dort kein Schülerpensionat gab, bewarb ich mich einfach bei dem nebenstehenden Göppinger Gymnasium, das mit Pension war“, ist im Tagebuch von Heinrich Buschmann nachzulesen. Nicht mal der Rektor wusste, wo dieses Göppingen liegt: „In Bayern vielleicht“, lautete seine Vermutung. Durch diesen Zufall verschlug es den Schüler Buschmann in den Süden. „So fuhr ich in zwei Tagen mit der Eisenbahn in der vierten Klasse ins Schwäbische. Es hat mich nicht gereut, ich habe im Laufe der Jahre hier eine Heimat gefunden“, schreibt er.
Später studierte er an der Technischen Hochschule Stuttgart. Einer der Professoren war Staatsrat von Bach, bei dem sich Graf Zeppelin in Materialfragen beraten ließ. Bemerkten die Studenten seinen Besuch an der Hochschule, überraschten sie ihn mit Hochrufen. Buschmanns Studium und erste Arbeitsschritte verliefen erfolgreich, sodass er schon im Alter von knapp 30 Jahren Oberingenieur und Prokurist bei Magirus in Ulm war. Er führte dort den Lastkraftwagen und Motorenbau ein. In den Jahren des Ersten Weltkriegs fand die erste erfolgreiche Probefahrt statt.
Auch auf anderen Gebieten war Buschmann bewandert. 1917 taucht zum ersten Mal ein Firmenzeichen auf, das in einem Zahnkranz das Ulmer Münster zeigt. Der Entwurf wurde nach einer Idee von Oberingenieur Buschmann von „Fräulein Irmgard Elsässer“, Zeichnerin bei Magirus, ausgearbeitet. Ihr Arbeitsplatz hatte Sicht auf zum Ulmer Münsterturm. Es wurde als Firmenzeichen für die Kühler, der damals in Fertigung gehenden ersten Lastwagen verwendet, später auch als Werbezeichen.
Ungewollte Komik
„Wenn Heinrich Buschmann mit dem Lkw über die staubige Landstraße mit Tempo 30 bis 40 daher raste, retteten sich Mensch und Tier vor den Staubwolken, die der Wagen hinterließ. Man konnte von den Behörden erwarten, dass gegen die Umweltschädigungen etwas unternommen wird. Die Reichregierung zögerte nicht. Der erste Gedanke war, dass an der Ursache der Emission etwas geschehen musste, also an den neuen Fahrzeugen, die solche Staubwolken hervorrufen. Ingenieure strengten sich an, es wurden mehrere patentamtlich geschützte Entwürfe eingereicht. An asphaltierte Straßenoberflächen dachte kein Mensch“, schreibt Norbert Kugel.
Die Trennung Buschmanns von Magirus 1922 war im guten Einvernehmen, im gleichen Jahr trat er in Esslingen sein Lehramt an. „Maschinenteile“ war seine erste Vorlesung. Es folgte ein interessantes Leben mit Lehrtätigkeit, als Konstrukteur und Autor zahlreicher technischer Veröffentlichungen zusammen mit seinem Freund Professor Dr. Paul Kößler. Er war lange Jahre Gemeinderat in Esslingen und Mitbegründer der Automobiltechnischen Gesellschaft in Stuttgart nach dem ersten Weltkrieg.
Info Am Samstag, 22. April, findet von 9 bis 12 Uhr die Saisoneröffnung im Feuerwehrmuseum Kirchheim statt. Zu sehen ist die Sonderausstellung „100 Jahre Magirus Kraftfahrspritze KS 20“. Mit dabei ist Norbert Kugel mit seinem Buch. Wer mehr über Heinrich Buschmann erfahren möchte, kann das reich bebilderte Werk kaufen.