Kirchheim
Ferien und lange Wochenenden: „Der Mai war eine absolute Katastrophe“

Ausgehen Erst Corona, dann Krieg und Energiekrise: Die Leute sind zurückhaltender beim Ausgehen und geben weniger Geld für Kulturveranstaltungen aus: Stimmt das? Der Teckbote hat sich umgehört. Von Thomas Zapp

Die Kultur- und Clubszene hat nach Corona und mitten in der Inflation ein Nachfrageproblem. Vor allem kleinere Betriebe klagen über die Zurückhaltung der Gäste. Der Kirchheimer Alex Gössl, Betreiber des Filmriss und Alex Pub, drückt es klar aus: „Der Mai war eine absolute Katastrophe“. Der erfahrene Gastronom führt das aber momentan auf die vielen Feiertage und verlängerten Wochenenden zurück.

Bezieht man die Vormonate mit ein, stellt sich die Situation nicht mehr ganz so dramatisch dar. Kirchheims Kultur- und Politikclub Bastion etwa erreicht fast schon wieder Vor-Corona-Niveau. „Ich habe mir eine Übersicht über die Entwicklung der Zuschauerzahlen zwischen 2018 und heute machen lassen. Danach hatten wir bis einschließlich 2019 im Mittel der

 

Es gibt sicher auch eine Gewohnheit, nichts mehr zu machen.
Dr. Bernhard Fischer
 

Veranstaltungen rund 60 zahlende Besucher. Im ersten Halbjahr 2023 liegen wir bei etwa 50 verkauften Karten pro Veranstaltung. Nach dem Corona-bedingten Einbruch von 2020 bis 2022 ist das wieder deutlich besser", sagt Dr. Bernhard Fischer, Vorstandsmitglied des Vereins, unter dessen Dach die Bastion geführt wird. „Die Kontrollen und Masken haben viele Leute abgeschreckt.“ Das hatte langfristige Folgen auf das Verhalten: „Es gibt sicher auch eine Gewohnheit, nichts mehr zu machen.“ 

Das Kirchheimer Publikum sei derzeit schwer zu durchschauen. Manche Veranstaltungen seien wieder ausverkauft, andere dagegen schwach besucht. „Man rätselt dann immer, warum etwas ankommt und warum etwas anderes nicht.“ Absagen seien die absolute Ausnahme und auf die Inflation reagiert man mit Kontinuität: „Wir haben versucht, mit Preisen nicht in die Höhe zu gehen, um keinen auszuschließen.“ Und Dumping-Preise helfen auch niemanden. „Ein-Euro-Partys, auf denen sich 16-jährige betrinken, bringen nix“, sagt Alex Gössl. Aber die Preise müssten sich wieder relativeren. „Es wird Zeit, das Mallorca-Flüge teurer werden.“ Seine Hoffnung: Die Leute wissen dann wieder mehr das Gute vor der eigenen Haustür zu schätzen.

Und auch den Kulturevents kommt der Mai in die Quere. Dass sein ein schwieriger Monat, weil es die Leute bei schönem Wetter ins Freie ziehe. „Wir starten demnächst mit einem sehr attraktiven Open-Air-Programm und haben auch für den Herbst wieder ein attraktives und abwechslungsreiches Programm vorbereitet“, macht der Kulturfreund etwas Werbung für „Kultur aus erster Hand."

 

„Kann mich nicht beschweren“

Auch andere „Clubs“ befinden sich nach der Corona-Zeit wieder in der Erholungsphase.  „Ich kann mich nicht beschweren, sagt Sedat Aybulut. Der Betreiber des Edison Clubs in Kirchheim. Zwar bemerke auch er die Ferienzeit, dass die Partygängerinnen und Partygänger generell weniger ausgeben, kann er nicht bestätigen. und auch die Open Air-Veranstaltungen graben ihm nicht das Wasser ab. „Wenn die Gäste um 11 oder 12 Uhr kommen, sind die vorbei.“

Bei manchen herrscht sogar Aufbruchstimmung. „Nach Corona hat es ziemlich lange gedauert, bis die Leute wieder rausgingen und dann kamen noch der Ukrainekrieg und die Energiekrise – wir dachten, das bleibt jetzt so“, sagt Mark Rohrbeck, der im Reichenbacher Kulturverein „Die Halle“ für das Booking zuständig ist. „Man hat sich daran gewöhnt, am Wochenende daheim zu bleiben“, erinnert er sich. Aber seit Jahresbeginn geht es wieder aufwärts, jetzt hätten die Leute wieder Lust, rauszugehen. Allerdings gingen vor allem Sachen gut, die Leute kennen, etwa wenn Cover- und Party-Bands spielen. „Musiker mit eigenen Songs haben es schwer“, sagt er. Das ganz junge Publikum hat andere Sorgen: „Denen sind die Getränke zu teuer, die feiern lieber privat im Garten.“