Wer heute die Rente vor Augen hat, verbringt circa 20 Prozent seines Lebens im Ruhestand, Tendenz steigend. Jetzige Rentner sind sogar im Schnitt 25 Prozent frei von Pflichten und Arbeit. Zehn Aufgaben gilt es laut dem Sozialarbeiter und Familientherapeuten Robert Schiek aus Schorndorf zu bewältigen, damit die Zeit körperlich fit und geistig rege genossen werden kann. Der Ruheständler hat es sich zur Aufgabe gemacht, aktive Rentner und Menschen, die es noch werden wollen, darüber aufzuklären, welche Schritte nötig sind, um das Geschenk des langen Lebens annehmen zu können. Seine Tipps gab er in Dettingen bei „55 plus“ weiter, um die zahlreich erschienenen Rentner an seinem Wissen teilhaben zu lassen.
Vorsorgeuntersuchungen, Bewegung, gesunde Ernährung und liebevolle Pflege sind ein guter Anfang. Schiek überschreibt die erste Aufgabe mit „Guter Umgang mit unserem Körper“. Der Körper verändert sich, Gelenke werden steif, die Muskeln schwinden und auch der Kopf ist nicht mehr so fit und rege wie früher. Doch dagegen kann man etwas tun. „Ein täglicher Spaziergang hält den Körper und die Gelenke geschmeidig, gesunde Ernährung hilft dem Herzen, die Arbeit zu bewältigen, und mit reichhaltigen Pflegeprodukten erhält sich die Haut Elastizität“, gibt er gleich ein ganzes Paket an guten Ratschlägen weiter.
Eine gesunde Neugier und das tägliche Sudoku würden dem Gehirn die nötige Beweglichkeit verschaffen. Der Wille, auch im höheren Alter noch etwas Neues lernen zu wollen, halte jung. Darum lautet Aufgabe Nummer zwei: „Wie der Körper, so braucht auch der Geist Bewegung.“
Auf fremde Menschen zugehen
„Soziale Fertigkeiten nützen – Beziehungen pflegen“, ist Aufgabe drei und bringt manchmal ältere Menschen in Bedrängnis. Es geht nicht nur darum, mit dem Partner oder der Partnerin, den Kindern und Enkeln in Kontakt zu treten. „Fünf soziale Kontakte soll jeder Rentner täglich haben, einer davon sollte vorher unbekannt sein“, sagt Robert Schiek und rät dazu, sich beim Spazierengehen einfach mal auf eine Bank zu setzen und ein Gespräch mit den vorbeigehenden Menschen anzufangen. Auch gut: im Café mit der Kellnerin oder dem Kellner plaudern oder sich an einen Tisch setzen, der schon besetzt ist. „Das ist eine große Herausforderung, die aber vor sozialer Vereinsamung schützt“, so die Erkenntnis der Ruheständlers.
Doch auch die restlichen sieben Aufgaben haben es in sich und sind nicht unbedingt leicht zu bewältigen: Oft hadern gerade Rentner mit dem vorangegangenen Leben und machen sich Vorwürfe wegen Fehlern und verpasster Chancen. „Da hilft ein versöhnter Blick zurück mit dem Augenmerk auf den Erfolgen und den schönen Momenten“, sagt Robert Schiek. Hand in Hand geht diese Aufgabe mit der nächsten einher: „Sich im Loslassen üben.“ Nicht nur alte Träume und Ziele, sondern auch Möglichkeiten müssen manchmal losgelassen werden. Nicht jeder Rentner oder jede Rentnerin kann noch Tennis spielen, einen Halbmarathon laufen oder Auto fahren. „Da gilt es Alternativen zu finden und die Erwartungen an sich selbst herunterzuschrauben“, verdeutlicht er.
Niemand muss alles allein schaffen
Die Kraft lässt nach, die Augen sind auch nicht mehr die besten, trotzdem fällt es vielen Menschen schwer, andere um Hilfe zu bitten. Doch genau das ist eine Aufgabe, die gelernt sein will. „Kinder, Enkel oder auch Nachbarn zu fragen, ist eine Herausforderung, der sich alle Menschen stellen müssen“, ist Robert Schiek überzeugt – auch um die nötigen Vorbereitungen zu treffen. Keiner denke gerne darüber nach, was in einem Notfall passieren soll. Wer keine Patientenverfügung hat, wälzt diese schwere Entscheidung auf seine Familie oder sogar Fremde ab.
Zu einem selbstbestimmten Altern gehören auch unangenehme Dinge. Da wirkt die Aufgabe „Altern als Paar“ einfach dagegen. Doch auch hier steckt jede Menge Arbeit dahinter. Die neuen Tagesabläufe und die vielen Stunden zusammen wollen neu entdeckt und gelebt werden.
Die letzten beiden Aufgaben „Umgang mit Verlusten“ und „Dem Tod begegnen“ sind komplex und für viele angstbehaftet. „Auch sie sind als Kampfansage zu verstehen: sich nicht unterkriegen lassen, wenn Schulkollegen sterben, Eltern und Geschwister zu Grabe getragen werden und sich der Kegelclub oder der Strickkreis auflöst“, so der Referent. Die stetigen Verluste zu verkraften und zu verarbeiten, ist eine permanente Aufgabe, der sich manche schon sehr früh im Leben stellen müssen. „Je älter wir werden, desto häufiger wird es. Da tut jeder von uns gut daran, sich mit dem Leben zu versöhnen, gut vorbereitet zu sein und um das eigene Ende zu wissen. Nur so können wir jeden Tag neu anfangen und die selbstbestimmte Zeit als Rentner und Rentnerin genießen“, sagt Robert Schiek.