Kirchheim
Freilichtmuseen: Corona trifft auch die „Sieben im Süden“

Kultur Die Freilichtmuseen im Land haben in der abgelaufenen Saison rund 400 000 weniger Besucher als zu „normalen“ Zeiten gehabt. Die Rückkehr der Schülerinnen und Schüler sorgt aber auch in Beuren für Optimismus. Von Thomas Zapp

Mit neuem Logo und dem bewährten Team bereiten sich die „Sieben im Süden“ auf die kommende Saison vor. Im Freilichtmuseum Beuren ist jetzt die druckfrische Image-Broschüre der sieben Museumsdörfer in Baden-Württemberg präsentiert worden. Neu ist auch der Ansprechpartner bei der Landesregierung, der ebenfalls nach Beuren gekommen ist: Shahab Sangestan ist frisch eingesetzter Leiter der Landesstelle für Museumsbetreuung. Die Beurener Museumsleiterin Steffi Cornelius und der Tuttlinger Landrat Stefan Bär, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft, zogen am Rande der Jahrestagung der AG stellvertretend eine Bilanz der zu Ende gehenden Saison.

Besser als im ersten Corona-Jahr

Die gute Nachricht ist: Mit insgesamt 310000 Besucherinnen und Besuchern lagen „die Sieben“ deutlich über der Zahl des ersten „Corona-Jahres“, denn 2020 waren es noch 49000 Gäste weniger. „Das sind sehr, sehr gute Zahlen“, bekräftigt Stefan Bär, liefert den Wermutstropfen aber gleich mit: Im Vergleich zu „normalen Jahren“ sind das 400000 Besucher weniger, was im Schnitt bei den Museen 40 bis 50 Prozent der üblichen Besucherzahlen bedeutet. Fast schon erleichtert ist daher Steffi Cornelius, dass die diesjährige Saison in Beuren am Sonntag, 7. November, beendet wird. Die verschärften Corona-Regeln gelten auch in Beuren, das wie jedes „Indoor-Museum“ behandelt wird: „Der PCR-Test muss auch bei uns vorgelegt werden, aber eben nur noch diese Woche“, sagt sie.

Mit Stefan Bär stimmt sie aber darin überein, dass die meisten Gäste ohnehin geimpft oder genesen sind. Während der Vorsitzende für das im Landkreis Tuttlingen beheimatete Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck von 15 Prozent ungeimpften Besucherinnen und Besuchern spricht, die einen Test in Anspruch nehmen, sind es Steffi Cornelius zufolge in Beuren sogar nur fünf Prozent. 

Mut macht den Machern der „Sieben im Süden“ auch eine andere Zahl: Mehr als 17000 Schülerinnen und Schüler haben die rund 2000 Angebote in den Museen wahrgenommen, nachdem 2020 gar keine Aktionen mit den Schulen möglich waren. „Wir sind sehr glücklich, dass das wieder möglich war“, freut sich Steffi Cornelius. Besonders die neuen Veranstaltungsformate seien gut angekommen, sagt sie, wie etwa das kleine Mostfest oder die Kooperation mit der Kirche, als auf den Streuobst-Wiesen ein „Picknick-Gottesdienst“ stattfand. „Das hätten wir 2019 nicht gemacht“, glaubt Steffi Cornelius. Die Corona-Not hat auch die Macher der Freilichtmuseen erfinderisch gemacht.

„Regionaler Anker“

Mit neuem Logo, neuer Imagebroschüre und einer neuen Webseite will die Arbeitsgemeinschaft künftig mehr wert auf die Außendarstellung legen. Neue, partizipative und inklusive Ausstellungsprojekte sind geplant, so sind auch die Freilichtmuseen ein Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen. Dazu soll es an den sieben Standorten im nächsten Jahr eine groß angelegte Besucherbefragung zur Zufriedenheit der Gäste geben. Für die Zukunft haben sich die „Sieben im Süden“ auch politisch noch besser gewappnet. Im neuen Koalitionsvertrag der baden-württembergischen Landesregierung haben die sieben Freilichtmuseen nun ausdrücklich Erwähnung gefunden: als „regionale Anker“ kultureller Teilhabe. 

 

Mehr zeigen als die „gute alte Zeit“ auf dem Land

Die Arbeitsgemeinschaft der Freilichtmuseen in Baden-Württemberg besteht seit 1977. Im Jahr 1980 entschied sich die württembergische Landesregierung gegen ein zentrales Landesfreilichtmuseum und beschloss stattdessen die Förderung regionaler Freilichtmuseen. Zu den „Sieben im Süden“ gehören von Nord nach Süd das Odenwälder Freilandmuseum in Walldürn-Gottersdorf, das Hohenloher Freilandmuseum in Schwäbisch Hall-Wackershofen, das Freilichtmuseum Beuren, das Schwarzwälder Freilichtmuseum Vogtsbauernhof in Gutach, das Oberschwäbische Museumsdorf Kürnbach, das Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck sowie das Bauernhaus-Museum Allgäu-Oberschwaben in Wolfegg. Die Museen verfügen insgesamt über mehr als 210 historische Gebäude. In der Image-Broschüre verweisen die Museumsmacher ausdrücklich darauf, dass sie nicht nur ein geschöntes Bild der „guten alten Zeit“ aufleben lassen wollen. Das „Dorf unterm Hakenkreuz“ gehört ebenso zu den Themen wie soziale Ausgrenzung im ländlichen Raum oder der Umgang mit Minderheiten.

Die Landesregierung unterstützt die Arbeit der Museen mit jährlich rund 750 000 Euro. Für die Jahre 2020 und 2021 gab es eine Sonderförderung von zusätzlich 2,8 Millionen Euro. Sie sollten der Instandhaltung der Gebäude und dem Ausbau der Digitalisierung dienen. „Wir verstehen die Förderung des Landes als Wertschätzung unserer Vermittlungsarbeit“, betont Stefan Bär, Vorsitzender der „Sieben im Süden“. zap