Schlimm genug, dass die stark gestiegenen Preise die Betriebsstoffe für Autos fast zum Luxusgut werden ließen. Nun könnten fehlende Rohstoffe an den Tankstellen die Freude am Fahren vermiesen. „Tatsächlich ist es in jüngster Zeit im Süden Deutschlands bereits zu Engpässen in der Tankstellenversorgung gekommen“, bestätigt Bettina Jehne, Pressesprecherin vom Umweltministerium Baden-Württemberg. Den Grund dafür sieht sie im anhaltenden Rheinniedrigwasser. Schiffe können nicht mehr voll beladen fahren und können dadurch weniger Mineralölprodukte transportieren. Karl Bossler, Obermeister der KFZ-Innung Esslingen-Nürtingen präzisiert das Logistikproblem: „Vor rund sechs Jahren verlagerte sich der Mineralöltransport von der Straße aufs Wasser.“
Diesen Wegfall der Aufträge hätten viele Transportunternehmen finanziell nicht verkraftet. „Es gibt deshalb zum Schiffstransport kaum noch Alternativen, wenn der Transportweg auf dem Rhein beeinträchtigt ist“, betont Karl Bossler. Laut Bundesanstalt für Gewässerkunde seien die Pegelstände im Rhein zwar noch nicht so niedrig, wie beim Rekord-Niedrigwasser im Jahr 2018, aber sie bewegen sich deutlich in die Richtung.
Gefahren für den Leerlauf an Tankstellen sieht Karl Bossler vor allem im ländlichen Bereich: „Dort müssen Mineralöltransporter oft lange Umwege auf sich nehmen, weil ihnen die Fahrt durch Wasserschutzzonen untersagt ist. Da kann es durchaus zur verspäteten Belieferung von Tankstellen kommen.“
Alexander von Gersdorff, Pressesprecher des Wirtschaftsverband Fuels und Energie in Berlin, sieht darin jedoch Einzelfälle: „Diese Leerstände waren immer nur vorübergehend und nicht flächendeckend. Es gibt auch kein Problem bei der Produktion; Benzin, Diesel und Heizöl sind ausreichend vorhanden.“ Er zeigt sich verhalten optimistisch: „Autofahrer und Heizölkunden müssen sich keine Sorgen machen, dass Kraft- oder Brennstoffe ausgehen, aber in nächster Zeit ist in der Logistik noch keine durchgreifende Besserung zu erwarten.“
Dies bestätigt auch Bettina Jehne vom Umweltministerium: „Die Versorgung mit Treibstoffen ist grundsätzlich gewährleistet, es liegen keine Versorgungsengpässe vor.“ Sie warnt aber vor sorgloser Euphorie: „Nach Branchenauskunft kann es auch in nächster Zeit vorkommen, dass die eine oder andere Tankstelle nicht rechtzeitig beliefert werden kann.“
Karl Bossler, der in Dettingen eine Tankstelle betreibt, hat vorgesorgt: „Ich arbeite seit mehreren Jahren mit zwei Spediteuren zusammen. Heute zahlt sich die Treue aus und ich bekam meine Lieferungen bisher rechtzeitig.“
Steuerreduzierung nur noch bis zum Monatsende
Eng könnte es an vielen Tankstellen zum Monatsende werden, wenn der Tankrabatt Anfang September ausläuft. Dann wird nämlich die Maßnahme der Bundesregierung beendet. Diese war auf drei Monate befristet. Dabei handelt es sich um eine Reduzierung des Energiesteuersatzes bei Benzin um 29,55 Cent/Liter und für Dieselkraftstoff um 14,04 Cent/Liter. „Damit werden die Kraftstoffpreise wieder steigen“, erklärt Bettina Jehne vom Umweltministerium. Wie Alexander von Gersdorff mitteilte, will sich der Wirtschaftsverband Fuels und Energie kurz vor Monatsende zur Preisentwicklung nach dem „Tankrabatt“ äußern. Laut der Pressesprecherin des Umweltministeriums komme es dann auch auf die Entwicklung des Rohölpreises auf dem Weltmarkt an, wie hoch diese Steigerungen ausfallen werden. Sie versichert: „Darüber hinaus überwacht und analysiert die beim Bundeskartellamt angesiedelte Markttransparenzstelle für Kraftstoffe (MTS-K) die Entwicklung der Tankstellenpreise.“
Tank-Tipps vom Fachmann
Karl Bossler unterstützt die Preistransparenz zwar, sieht aber für Tankkunden darin kaum Vorteile. Er erklärt, warum: „Früher hatten Autofahrer bis zu 30 Minuten Zeit, um von der günstigsten Tankstelle zu profitieren, heute sind die Preise an allen Tankstellen innerhalb weniger Minuten angepasst, zum Teil erfolgt dies sogar automatisch.“
„Den Tank immer gut füllen“, empfiehlt Karl Bossler. „So können Höchstpreise an den Zapfsäulen überbrückt werden und man verhindert Engpässe.“ Den besten Zeitpunkt zum Tanken gibt es nicht mehr, da sich die Preise für Benzin, Diesel und Co. mehrmals pro Tag verändern können. Zu den Ferien- und Reisezeiten liegen die Preise immer etwas höher.
Beim Wegfall des Tankrabatts empfiehlt Karl Bossler: „Spätestens eine Woche vor Ende August tanken. Wenn nämlich alle auf einmal am Monatsende tanken gehen, wird das Versorgungsproblem deutlich verstärkt.“ Er rät deshalb auch davon ab, sich einen 20-Liter-Kanister zu füllen, um Vorrat zu haben: „Das ist zum einen gefährlich und bringt nicht wirklich viel.“ kry