Im Jahr 2023 sind in Kirchheim laut Polizeilicher Kriminalstatistik 161 Ladendiebstähle zur Anzeige gebracht worden. In der Nachbarstadt Nürtingen, die wie Kirchheim rund 40.000 Einwohner hat, waren es im selben Jahr 274 Ladendiebstähle, also über 100 mehr. Während der Pandemie lagen die Zahlen aufgrund der Einschränkungen in beiden Städten deutlich niedriger. In Kirchheim war 2021 mit nur 106 Ladendiebstählen ein Tiefpunkt erreicht, in Nürtingen wurden im selben Jahr sogar nur 100 zur Anzeige gebracht. Betrachtet man den Fünf-Jahres-Vergleich, also die Jahre 2019 bis 2023, dann wird deutlich, dass sowohl in Kirchheim als auch in Nürtingen wieder in etwa so viel geklaut wird wie vor der Pandemie.
Auf dem Schaden bleibe ich in aller Regel sitzen.
Sabine Wekerle, Kirchheimer Händlerin
Ali Narin ist Geschäftsführer des E-Center in Kirchheim. Das Problem sei auf jeden Fall da, sagt er. „Wir gehen davon aus, dass wir aufgrund von Ladendiebstahl ein Prozent weniger Ertrag haben.“ Narin setzt bei der Diebstahlsprävention auf Ladendetektive – und auf geschulte Mitarbeiter, die wachsam sind und auf der Verkaufsfläche Präsenz zeigen. Diese Maßnahmen hätten Wirkung gezeigt. „Wir sind auf einem normalen Niveau“, sagt Narin. Banden seien aktuell gar nicht das Problem.
Besonders begehrt bei Ladendieben sei aktuell das Handyzubehör. Alkohol komme hingegen kaum noch weg, seit hochwertige Spirituosen in einer Vitrine untergebracht seien. „Teure Kosmetik haben wir in Boxen gesichert, die erst an der Kasse aufgeschlossen werden“, sagt Narin.
Ladendiebstahl sei in den Geschäften des City-Ring kein Riesenthema. „Aber es ist da“, sagt Sabine Wekerle, Inhaberin des Modegeschäfts „Le Chic“ und zweite Vorsitzende der Händlervereinigung. Immer mehr Geschäfte würden Überwachungskameras installieren, um Ladendiebe von vornherein abzuschrecken. Wird in einem Geschäft gefilmt, muss an der Eingangstür darauf hingewiesen werden. Die Schulung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hält Wekerle ebenfalls für wichtig.
Um die Kolleginnen und Kollegen zu warnen, wenn ein Ladendieb in einem der Geschäfte sein Unwesen treibt, haben die Händlerinnen und Händler des City-Ring eine Art Telefonkette eingerichtet. „Das ist unser Notfallplan“, sagt Sabine Wekerle. In diesem Jahr habe man die Telefonkette zum Glück erst einmal starten müssen.

Für die Händlerinnen und Händler sei jeder Ladendiebstahl ein großes Ärgernis, weil er eigentlich immer ohne Konsequenzen bleibe. „Vielleicht erwische ich den Täter, aber der Komplize läuft mit der Jacke davon. Auf dem Schaden bleibe ich in aller Regel sitzen“, sagt Wekerle. Dass Diebstahlsverluste steuerlich geltend gemacht werden können, ist ein schwacher Trost. Die Dunkelziffer sei groß, sagt Wekerle. Oft merke man erst bei der Inventurdifferenz, wie viel tatsächlich weggekommen sei. Die Modehändlerin glaubt jedoch, dass das Problem in Kirchheim noch vergleichsweise klein ist. „In der Mehrzahl haben wir ganz tolle und ehrliche Kunden“, sagt sie.
In Lenningen ist die Zahl der Ladendiebstähle, auch im Vergleich zu 2019, gesunken (2019: 6; 2023: 3). In Weilheim ist sie hingegen gestiegen, auch im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit. Das teilt die Polizei in Reutlingen auf Anfrage mit. Wurden 2019 noch sechs Ladendiebstähle zur Anzeige gebracht, waren es im vergangenen Jahr 26. Die Polizei in Reutlingen liefert dafür eine Ursache: Möglicherweise sei der Anstieg mit einer Aufhellung des sogenannten Dunkelfelds zu erklären. Das Dunkelfeld bezeichnet Kriminalität, die mangels Entdeckung oder Anzeigeerstattung nicht in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfasst wird. „So war unter anderem eine verstärkte Anzeigeerstattung durch Ladendetektive der ansässigen Lebensmittelmärkte zu beobachten“, teilt die Pressestelle mit. Vereinfacht gesagt heißt das: In Weilheim wurde vermutlich nicht mehr geklaut als vorher, sondern nur mehr angezeigt.