Vincenzo „Enzo“ Miscioscia ist eine italienische Frohnatur. Seine offene und herzliche Art wird direkt beim Betreten seines Kirchheimer Restaurants „Zur Glocke“ in der Dreikönigstraße deutlich. Enzo ist ein Original, seit vier Jahrzehnten ist der mittlerweile 65-Jährige Teil der Kirchheimer Gastroszene, angefangen hat er hier ab 1985 in der Freibad-Gaststätte „Hutteninsel“, seit 25 Jahren ist die Familie am aktuellen Standort in der Kirchheimer Innenstadt. Nicht wenigen ist Enzo als „der singende Wirt“ ein Begriff, kann es doch durchaus auch mal vorkommen, dass er seinen Gästen eine Arie schmettert, erfährt man von Sohn Gianluca Miscioscia Stock (29).
Im Inneren des Traditionslokals fällt dessen neues, frisches Erscheinungsbild ins Auge. Anfang Januar wurden die Innenräume von der Familie renoviert und neu gestaltet. Bei der Einrichtung dominieren die Farben Blau und Weiß. „Vom Meer inspiriert“, erklärt Gianluca, dessen kreative Handschrift die optisch neue „Glocke“ trägt. Auch die Terrasse soll noch gerichtet werden. Mit dem neuen Look ging zum Jahresbeginn ein Generationswechsel im Familienbetrieb einher: Während Sohn Gianluca für den kreativen Part und das Marketing verantwortlich ist, hat sein Ehemann Dylan Miscioscia Stock (30) von Schwiegervater Enzo die organisatorische Leitung der Glocke übernommen. Dazu zählt auch die teils neue Ausrichtung der Küche. „Bei uns gibt es tagsüber weiterhin unseren gewohnten Mittagstisch mit dem bewährten Mix aus schwäbischen und italienischen Gerichten“, erklärt Dylan. Die schwäbischen Gerichte haben dabei eine jahrzehntelange Tradition: „Ich habe die Glocke im Jahr 2000 von Karl Osswald übernommen“, erzählt Enzo. „Damals war das bereits seit drei Generationen ein beliebtes schwäbisches Restaurant. Das wollte ich fortführen. Darum stehen neben unseren italienischen Spezialitäten bis heute klassische schwäbische Gerichte wie zum Beispiel Linsen und Spätzle oder Zwiebelrostbraten mit Bratkartoffeln auf der Karte. Zum Märzen- und Gallusmarkt gibt es an einem Tag immer saure Nierle und Kutteln ab 11 Uhr. Da stehen die Leute teils Schlange“, berichtet Enzo und lacht.
„Fine Dining“ am Abend
Am Abend ist passend zum neuen Ambiente nun „Fine Dining“ angesagt. Die Speisen, die vorwiegend aus lokalen und regionalen Produkten sowie eigenen Erzeugnissen der Familie in Italien von den beiden Küchenchefinnen, Gianlucas Mutter Fortunata Quattrocchi und seiner Stiefmutter Rosa Pereira, zubereitet werden, werden am Abend besonders kreativ angerichtet und auch mal neue Gerichte kreiert. Die beiden Köchinnen ergänzen sich dabei bestens: „Sie arbeiten tagsüber und abends gemeinsam in der Küche“, erklärt Gianluca. Seine Schwester Natascha Miscioscia komplettiert das eingespielte Familienteam im Service.

Seniorchef Enzo wird den vielen Stammgästen weiterhin erhalten bleiben, eben in etwas reduziertem Umfang. „Ich habe mich mit damals 19 Jahren mit meinem ersten Restaurant in Esslingen-Zell selbstständig gemacht. Das war vor 46 Jahren. Ich kann nicht einfach von heute auf morgen komplett aufhören“, sagt der Gastronom, dessen Beruf spürbar seine Leidenschaft ist.
1977 kam Enzo Mascioscia nach seiner Kochlehre im Heimatort Vieste, auf der Gargano-Halbinsel in der Region Apulien gelegen, nach Deutschland. Die erste berufliche Station sei das Restaurant Gambrinus in Nürtingen gewesen, erinnert sich der 65-Jährige. Sein Weg führte ihn weiter über Owen (Gwölble) nach Esslingen-Zell, Dürnau und ab 1985 schließlich mit der Übernahme der Freibad-Gaststätte „Hutteninsel“ nach Kirchheim. „1992 haben wir für zwei Jahre parallel das Al Pozzo in Ohmden geführt“, erzählt Enzo. 2000 bot sich schließlich die Gelegenheit, die „Glocke“ inmitten der Kirchheimer Innenstadt zu übernehmen. Die „Hutteninsel“ lief mehrere Jahre parallel weiter. Heute betreibt die rührige Gastronomenfamilie neben dem Hauptrestaurant zudem die Freibadgastronomie in Wendlingen sowie die Wellnessbar im Wernauer Quadrium.
Neues Angebot für die Jugend
Gianluca und Dylan wollen am Kirchheimer Standort die Jugend als Zielgruppe mit ins Boot holen. Dafür planen sie neben dem Restaurant im ehemaligen Feinkostgeschäft ihr „Pomm Fritz“: „Fast Food muss nicht schlecht sein, das wollen wir mit unseren von den Zutaten her hochwertigen Pommes-Gerichten to go zeigen“, kündigt Gianluca an. Frisch zubereitete Pasta zum Mitnehmen gibt es im Hauptrestaurant schon jetzt. Im oberen Stock der Glocke sollen zudem neun Airbnb-Zimmer entstehen. „In unserem Beruf muss man immer wieder etwas Neues wagen. Gleichzeitig ist es uns sehr wichtig, die Familientradition zu bewahren“, betonen die beiden neuen Leiter der Glocke. „Mein Papa ist und bleibt das Herz des Restaurants“, sagt Gianluca Miscioscia.