Kaum hat die Schule begonnen, gehen die Diskussionen los: Hier fehlt es einer Klasse noch an Pflichtstunden, dort ist die Differenzierung ausgedünnt oder die Ganztagsbetreuung nicht durchgehend gesichert. An wieder einer anderen Schule müssen Klassen zusammengelegt werden. Weil auch aus Kirchheim entsprechende Nachfragen kamen, hat Dr. Corina Schimitzek, die Leiterin des Staatlichen Schulamts Nürtingen, nun im Ausschuss für Bildung, Soziales und Bürgerdienste (BSB) den „ganz normalen Wahnsinn“ erklärt, der mit der Lehrerversorgung einhergeht. In ihren Verantwortungsbereich fallen alle staatlichen Schulen, außer Gymnasien und Berufsschulen.
Ihre wichtigste Aussage lautet: Die Lage kann sich stündlich ändern - zum Guten wie auch zum Schlechten. Derzeit schätzt sie die Lage in Kirchheim als insgesamt gut ein. „Die Schule, die hier mit Abstand am schlechtesten versorgt ist, ist die Lindachschule in Jesingen. Da fehlt uns ein halbes Deputat.“ Mit ein Problem: Der Markt ist längst abgegrast. Standen vor noch nicht allzu langer Zeit die Lehrkräfte noch Schlange, um sich mit Freuden und sofort ans andere Ende ihres Bundeslands schicken zu lassen - um nur endlich eine Stelle im Schuldienst zu bekommen -, sind inzwischen viele nicht mehr bereit, auch nur ein paar zusätzliche Kilometer Pendelweg zu akzeptieren.
Die Leitende Schulamtsdirektorin nennt hier ein konkretes Beispiel: „Da kann es sein, dass ich eine Lehrerin finde, die in Nürtingen wohnt und eine Stelle sucht. Sie will aber höchstens bis Neckarhausen fahren - und auf gar keinen Fall nach Jesingen. Das wäre ihr viel zu weit.“ Für den gesamten Landkreis Esslingen sei es derzeit schwierig, genügend Lehrkräfte zu bekommen. Andererseits steht das Staatliche Schulamt Nürtingen nicht alleine vor diesem Problem: „Im ganzen Land fehlen rund 1 000 Personen, um alle offenen Stellen besetzen zu können. Diese Situation wirkt sich logischerweise auch in Kirchheim aus.“
Genaue Zahlen dazu kann sie allerdings keine herausgeben, bevor diese nicht überprüft und vom Ministerium freigegeben sind. Aber Zahlen hält Corina Schimitzek in diesem Zusammenhang ohnehin für Schall und Rauch. Beispiele aus dem Alltag: Eine weiterführende Schule der Sekundarstufe I hat einen rechnerischen Anspruch darauf, 567,42 Stunden zugewiesen zu bekommen. Tatsächlich kommt die Schule aber nur auf 561 Stunden. Schimitzeks Fazit: „Diese Schule hat kein Problem.“ Sie ist mit 13 Klassen groß genug, um Ausfälle verkraften und intern kompensieren zu können.
Keiner springt mehr kurzfristig ein
Ganz anders sehe es bei einer Grundschule mit acht Klassen aus, die auf ein Soll von 226 und auf ein Ist von 228,5 Stunden kommt - was zunächst nach Überversorgung klingt: „Für diese Schule wäre der Ausfall einer ganzen Lehrkraft mehr als bitter.“ Mit solchen Ausfällen sei täglich zu rechnen - durch Schwangerschaften oder aber durch längere Krankheiten. „Früher war das kein so großes Problem. Da hatten wir eine Liste mit etwa 100 arbeitslosen Lehrern, die jederzeit für zwei Monate einspringen konnten.“
Um eine völlig andere Perspektive zu bieten, erwähnte Corina Schimitzek noch eine Schule mit 180-prozentiger Versorgung: mit 360 Ist- bei lediglich 200 Soll-Stellen. Das liegt daran, dass es sich um eine Förderschule (SBBZ) handelt und dass der Lehrerbedarf dort nicht allein von den Schülerzahlen abhängt, sondern vom Förderbedarf jedes einzelnen Schülers - je nach Grad der Beeinträchtigung oder Behinderung. Zahlen zur Lehrerversorgung sind also tatsächlich oftmals nur mit entsprechender Hintergrundinformation einzuordnen.
Deswegen bleibt auch immer eine gewisse Restunsicherheit, wenn die Schulamtsleiterin ihre Einschätzung zur Lage in Kirchheim gibt: „Beim jetzigen Stand sehe ich keine großen Probleme.“ Der Pflichtunterricht sei zu hundert Prozent versorgt. Aber zu einer Schule gehöre eben noch mehr als nur das absolute Pflichtprogramm: „Und deswegen ist Kirchheim eben doch nicht hundertprozentig versorgt, das will ich gar nicht schönreden.“
Was bleibt also den Kirchheimern als Erkenntnis? Die Lehrerversorgung ist eine Wissenschaft für sich, und in der Teckstadt könnte es besser sein - aber auch jederzeit schlimmer kommen.