Musik deutscher Zigeuner, Zigeuner-Jazz oder Gipsy-Swing hatte in den vergangenen 50 Jahren immer einen wichtigen Platz im Programm des Club Bastion. Daher darf diese Musikrichtung auch im Jubiläumsprogramm nicht fehlen. Mit dem Gismo Graf Trio wurden Musiker eingeladen, die diese Tradition mit neuem Leben füllen und behutsam erneuern. Ein besonderes Glanzlicht erhielt das Konzert durch die Mitwirkung des begnadeten Geigers Tim Kliphuis, der extra für dieses Konzert aus Amsterdam anreiste. Kliphuis spielt seit 2012 immer wieder mit dem Trio zusammen.
Von Beginn an zieht die Gruppe alle Register des Gipsy-Swing. Über das präzise Fundament von Joschi Graf an der Rhythmusgitarre und Joel Locher am Kontrabass wechseln sich Gismo Graf an der Gitarre und Tim Kliphuis an der Violine solistisch ab, nehmen die Linien des anderen auf und entwickeln daraus eigene Melodiebögen. Gismo zaubert perlende Klangkaskaden aus dem Griffbrett seiner Akustikgitarre, stets präzise und mit Intensität. Immer wieder schafft er zusätzliche Dynamik durch eingestreutes akkordisches Spiel.
Kliphuis spielt die Geige mit großer Leichtigkeit, mit warmem, weichem Ton und großem Ideenreichtum. Virtuos werden Passagen als Doppelgriffe gespielt, andere hören sich an wie aus Obertönen gesponnen. Immer wieder verweben sich die Linien von Geige und Gitarre zu einem dichten Melodiegeflecht. Mal werden die Themen der Lieder in irrsinnig schnellem Tempo von Sologitarre und Violine unisono vorgetragen, dann wieder treffen sich beide Instrumente mitten im Stück zu gemeinsamen Linien. Joel Locher am Kontrabass stellt sein Spiel völlig in den Dienst des Ganzen. Mehrfach darf er sein Können auch solistisch zeigen. Mit großer Leichtigkeit und Eleganz zupft er elegante Linien auf dem so schwerfällig erscheinenden Instrument.
Überraschend für die Zuhörer kündigt Vater Joschi, der zumeist die Ansagen übernimmt, ein Stück von Edvard Grieg an, den „Zweiten Norwegischen Walzer“. Wie die meisten der Titel des Abends wurde diese Komposition schon vom legendären Django Reinhardt für sich adaptiert. Reinhardt, Galionsfigur des Zigeuner-Swing und großes Vorbild von Gismo, begründete in den 30er-Jahren die erste wichtige europäische Spielart des Jazz. Charakteristisch bis heute - die Besetzung ohne Schlagzeug, nur aus Saiteninstrumenten bestehend. Gismo Graf zeichnet mit Titeln wie „Place de Brouckere“,„Si tu savais“ oder „Blues en mineur“ Erinnerungen an das Paris der 40er-Jahre. Die amerikanischen Quellen des Swing werden mit dem irrsinnig schnell gespielten „Tiger Rag“, mit „Shine“ oder „Joseph, Joseph“ begeisternd gefeiert.
Die Gruppe führt auch die musikalischen Traditionen der Zigeuner weiter: Vater Joschi Graf darf ein traditionelles Lied der Zigeuner singen. Cheyenne Graf, Schwester von Gismo, bereichert den Abend durch drei gelungene Gesangseinlagen. Sichtlich wohl fühlt sich Tim Kliphuis, der immer wieder launige Ansagen beisteuert: „So ein gemütlicher Auftritt, so viele Menschen und so nah.“ Das begeisterte Publikum ließ die Künstler erst nach zwei Zugaben von der Bühne.