Kirchheim
Glyphosat kommt nicht in die Stadt

Umwelt Viele Kommunen rund um die Teck verzichten auf das Unkrautbekämpfungsmittel in ihren Rabatten. Kirchheim will das Gift auch auf den eigenen, verpachteten Flächen verbieten. Von Iris Häfner

Das einstige „Wundermittel“ ist in Verruf geraten: Glyphosat. Pflanzen werden durch den Wirkstoff abgetötet, was den Kampf gegen Unkräuter erleichtert. Nicht nur Landwirte greifen auf das Mittel zurück, bis vor wenigen Jahren auch Privatkunden, denn Garageneinfahrten und andere gepflasterte Flächen waren damit ruckzuck von jeglichem unerwünschten Grün befreit. Doch das Totalherbizid gilt mittlerweile als gesundheitsschädlich, weshalb die EU den Wirkstoff bis 2022 verbietet. In Österreich hat der Nationalrat im Juli ein Verbot mehrheitlich beschlossen.

„Seit über 20 Jahren ist bei der Stadt Kirchheim kein Glyphosat im Einsatz. Es wird gehackt und mit heißem Wasserdampf gearbeitet“, erklärt Dennis Koep, Sprecher der Stadt Kirchheim. Die Teckstadt ist Mitglied bei „pestizidfreie Kommune“, eine vom BUND ins Leben gerufene Aktion. Zudem legt Kirchheim schon seit Jahren Blühflächen im Stadtgebiet an, was nicht nur viele Betrachter freut, sondern auch ein reich gedeckter Tisch für Insekten aller Art ist.

Immer mehr Kommunen denken auch darüber nach, auf ihren verpachteten Flächen den Einsatz von Pflanzengiften zu untersagen. „Generell ist das ein aktuelles Thema für uns. Im Mai hat der Gemeinderat einen entsprechenden Beschluss gefasst“, sagt der Dennis Koep. Unter dem Stichwort Strategie und Steuerung haben sich Gemeinderat, Stadtverwaltung und Bürgerschaft mit der Frage auseinandergesetzt, wie die Zukunft in Kirchheim aussehen soll, und dabei Leistungsziele formuliert. Eines davon lautet: „Alle städtischen landwirtschaftlichen Pachtverträge werden sukzessive angepasst, sodass der Einsatz von glyphosathaltigen Herbiziden, Neonicotinoid-Insektiziden und gentechnisch veränderten Pflanzen sowie das Ausbringen von Materialien, die Klärschlämme beziehungsweise Plastikbestandteile enthalten, nicht zulässig sind.“ Auf Kirchheimer Markung gibt es 500 Hektar Ackerland, wovon 120 Hektar in städtischem Eigentum sind.

„Glyphosat ist bei uns verboten“, stellt auch Simone Mayer vom Lenninger Tiefbauamt klar. Auf gärtnerisch genutzten Flächen wird das Gift nicht vom Bauhof genutzt. Bearbeitet werden die Beete hier mehrmals im Jahr ebenfalls mit heißem Wasser beziehungsweise Infrarot. „Das ist quasi ein heißer Schaum, der nach längerer Einwirkzeit zu einer braunen Matsche wird oder verdorrt. Auf einem Radweg zerbröselt es. Seit zehn Jahren ist das ein Thema bei uns in Lenningen“, erläutert Simone Mayer.

Zum Einsatz kommen in den Fugen zwischen den Bodenplatten nicht nur feste Drahtbürsten, sondern auch die „Unkrauthexe“. Dabei handelt es sich um einen mechanischen Wildkrautentferner für Flächen und Kanten, der auf den ersten Blick als Mischung zwischen Kehrmaschine und Rasenmäher wirkt. „Das Unkraut wird damit weggeschrubbt“, erklärt Simone Mayer. Werden neue Blühflächen angelegt, wird der Boden komplett ausgetauscht, damit nicht schon von Anfang an Gras und unerwünschtes Unkraut drin ist. „Eine gute Prävention und Investition ist eine standortgerechte Pflanzenauswahl. Dazu kommt noch die Ernährung, sprich Düngung. Stimmt das, muss man so gut wie kein Unkraut zupfen“, ist ihre Erfahrung, von der sie die Bauhofmitarbeiter überzeugen konnte. Die Beete in den Ortsteilen hätten sich zu Knallern entwickelt mit vielen Gelb- und Rottönen, freut sie sich.

„Seit Jahren kommt bei uns Glyphosat flächendeckend nicht mehr zum Einsatz“, erklärt auch Volker Sigel vom Weilheimer Liegenschaftsamt. Mechanisch rückt der Bauhof den unerwünschten „Beikräutern“ zu Leibe. „Das ist ziemlich arbeitsintensiv und für den oder die Mitarbeiter sehr zeitaufwendig“, ist sich Volker Sigel bewusst. Regelmäßig nimmt er auch die Diskussion zur Kenntnis, bei der es um das Glyphosat-Verbot auf den eigenen Flächen der Kommunen geht. „Bei uns ist das noch nicht der Fall, wir haben uns mit dieser Thematik bislang nicht tiefergehend beschäftigt“, sagt er. Allerdings ist ihm bewusst, dass bis zum Jahr 2022 das fragwürdige Mittel vom Markt genommen wird.