Kirchheim
Grünen-Stadtrat Lempp macht nach 25 Jahren Schluss mit der Politik

Wechsel Christoph Lempp verabschiedet sich mit einer Hommage an seine Heimatstadt Kirchheim aus dem Ratsrund. Von Irene Strifler

Zwiespältig. Mit diesem Wort beschreibt Christoph Lempp seine Gefühle zum Abschied aus der Kirchheimer Politik. 25 Jahre lang hat er hier für die Grünen, anfangs noch die Grün-Alternativen als Nachfolgepartei der Neuen, Stadt gestaltet. Die politischen Wegbegleiter sind längst ein Stück weit Heimat und Familie geworden.

Kein Wunder also, dass der scheidende Stadtrat bei seiner allerletzten Wortmeldung im Ratsrund zwischen Wehmut und Erleichterung schwankt. Ein letztes Mal geht er mit Rucksack
 

Zeit wird
immer kostbarer
im Alter.
Christoph Lempp wird bald 72.

und Jeans zum Rednerpult und weist zur allgemeinen Erheiterung auf den Dresscode seiner politischen Anfangszeit vor einem Vierteljahrhundert hin: „Zur Sitzung kam man mit Aktentasche, zur Weihnachtsfeier im Anzug.“ Da hat sich also manches gewandelt. Vieles ist jedoch auch gleich geblieben – leider, wie Lempp im Rückblick auf das Ende der 90er Jahre feststellt: Von der Problematik, den ÖPNV attraktiv zu machen, bis zur Brennstoffzelle wirkt das Themenspektrum alles andere als überholt.

Lempp selbst ist auch mit 71 Jahren keiner, der Politikmüdigkeit ausstrahlt. Dennoch: „Zeit wird immer kostbarer im Alter“, weiß der Rentner, der das Glück hat, mit seiner Frau seine Enkel beim Aufwachsen zu begleiten. Natürlich leben auch sie in „Kirchheim – meine Stadt, eure Stadt, unsere Stadt“, wie Lempp betont.

Diese Verbundenheit hat tiefe familiäre Wurzeln: Der Ururgroßvater hatte einst ein Haus in der Villastraße gebaut. Lempps Großmutter mütterlicherseits, die in Indien auf die Welt kam, besuchte die Alleenschule. Sein Vater Eberhard Lempp ist vielen Kirchheimern noch als Pfarrer der Auferstehungskirche in Erinnerung. Hier wuchs Christoph Lempp als ältestes von sieben Geschwistern auf. Im nahen Brückenhaus arbeitete er in der Betreuung für Kinder und Jugendliche über 40 Jahre lang, davon viele Jahre als Geschäftsführer.

Soviel Verbundenheit mit Kirchheim und vor allem soviel Ortskenntnis beeindruckt nicht nur den Grünen-Fraktionsvorsitzenden Manfred Machoczek, selbst gebürtiger Stuttgarter. Diesen intensiven Blick auf die Stadt habe er persönlich heute noch nicht, räumte er in seiner Laudatio ein. Er unterstrich die Begeisterung und Freude, mit der Lempp sein Amt erfüllt habe, und fand darin einen Satz vorgelebt, der auf das frühere Fraktionsmitglied Karl-Heinz Schöllkopf zurückgeht: „Politik muss auch Spaß machen.“

Der Parkausweis ging unbenutzt an die Stadt zurück

Der Oberbürgermeister sprach von einer hohen Wertschätzung des scheidenden Politikers durch die Bevölkerung, die ihn fünfmal im Amt bestätigt hatte. Mit stets sachorientierter Diskussionskultur habe Christoph Lempp die Demokratie gestützt und die Stadt weiterentwickelt. „Das Brückenschlagen war ihre Qualität“, lobte Dr. Pascal Bader und schlug damit den Bogen zum renommierten Verein Brückenhaus, zu dessen Pionieren der Sozialpädagoge seinerzeit noch als Student gezählt hatte. Auch die Schulsozialarbeit in Kirchheim hat er mit aus der Taufe gehoben und entscheidend geprägt. Stets habe sich Lempp für die Schwächsten in der Gesellschaft eingesetzt, bei allem sozialen Engagement aber auch den Blick für die Themen Wirtschaft und Umwelt gehabt. Und nicht nur das: „Sie haben ihre Überzeugung auch vorgelebt“, spielte das Stadtoberhaupt auf die Tatsache an, dass Christoph Lempp immer mit dem Fahrrad zu Sitzungen und Terminen zu kommen pflegte.

Wie zur Bestätigung gab Lempp unter Standing Ovations seinen Parkausweis, den alle Stadtratsmitglieder bekommen, nun nach 25 Jahren zurück – unbenutzt.

Anja Hezinger ist im Ratsgremium für die Grünen nachgerückt.