Kirchheim
Graffiti-Künstler schaffen die Kulisse für den Kultursommer

Manche finden es gut, manche eben nicht. Die bunten Bildchen an Zügen und Brücken haben schon öfters für Ärger gesorgt. Hin und wieder aber verschönern sie auch die Stadt. Graffiti bleiben ein Weg für viele Jugendliche, um sich auszudrücken. Gestern haben sich viele Kunstbegeisterte im Marstallgarten getroffen, um mit Graffiti Kulissen für Events zu schaffen. Die Aktion ist Teil des Kirchheimer Kultursommers. Vor den Wänden des Kirchheimer Schlosses stehen mit Planen bezogene Bauzäune. Sie dienen als Leinwände, auf denen sich die jungen Menschen verewigen dürfen. Für die vielen Veranstanstaltungen dort wünscht man sich einen bunten und lebendigen Hintergrund, und kaum etwas ist so bunt wie eine ganze Wand voller Graffiti. In Kooperation mit dem Pädagogischen Fachseminar in Kirchheim bereichert hier Benjamin Seyfang das Sommerprogramm der Stadt.

Bunt sind sie geworden, die Graffiti im Marschallgarten. Foto: Carsten Riedl
Bunt sind sie geworden, die Graffiti im Marschallgarten. Foto: Carsten Riedl

Ricarda Schrempf, die Bereichsleiterin für Kunst beim Fachseminar, freut sich, dass ihre Schützlinge mit Graffiti ihre Horizonte erweitern können. Bevor die Teilnehmer starten können, ergreift Jugendsachbearbeiter Uwe Rautenstrauß von der Polizei das Wort. Er betont, wie wichtig es ist, beim Sprühen legal zu bleiben, und öffentliche Gebäude wie Schulen nicht zu besprühen. „Mancher nennt es Kunst, in manchen Fällen ist es Sachbeschädigung“, sagt Rautenstrauß. Statt an Zügen oder Lärmschutzwänden sollen die Graffitikünstler die Stadt ansprechen. Denn Kirchheim verschafft jedem Künstler seine Leinwand mithilfe von offiziellen Projekten, wie zum Beispiel dem Güterbahnhof. Wird jemand beim illegalen Sprühen erwischt, drohen ihm Arbeitsstunden, Haft beziehungsweise Jugendarrest und Geldstrafen. Sogar Minderjährige können mit Strafen rechnen, denn die Geschädigten haben 30 Jahre lang Recht auf Schadensersatz.

Es wird kräftig gesprüht. Foto: Carsten Riedl
Es wird kräftig gesprüht. Foto: Carsten Riedl
Es wird kräftig gesprüht. Foto:

Der Workshopleiter Benjamin Seyfang sprüht schon seit mehr als 15 Jahren und ist bekannt in der Szene. Mit seinem Händchen für Kunst ist er auch als Fotograf erfolgreich geworden. Seine Fotografien von Lost Places auf der ganzen Welt faszinieren nicht nur Naturfans. Heute ist Benjamin Seyfang aber als Graffiti-Koryphäe unterwegs. Auch er wurde als Jugendlicher erwischt und bekam seine Strafe. Seitdem sprüht er nur legal und hat sich einen Namen gemacht, nicht zuletzt wegen den kleinen Schildkröten, mit denen er seine Werke unterschreibt. „Wir möchten das Medium Graffiti anders darstellen als nur als eine Schmiererei“, sagt er. Er rät den Nachwuchs-Graffitikünstlern, sich mit anderen zu unterhalten, untereinander Designs auszutauschen und sich auch Tipps und Tricks von anderen zu holen. Nach der Einführung holt er die Künstler zu sich an die Wände. Er erklärt ihnen Techniken und wie man mit den Sprühdosen am besten umgeht. Fachkundig führt er sie in die Graffiti-Kunst ein und kümmert sich um jeden Einzelnen. Mit viel Enthusiasmus stürzen sich die Teilnehmer auf die vielen bunten Sprühdosen und fangen langsam an, sich auszuprobieren.

Benjamin Seyfang (kleines Foto) steht mit bunten Sprühdosen und vielen Ideen den Teilnehmern des Workshops mit Rat und Tat zur S
Benjamin Seyfang (kleines Foto) steht mit bunten Sprühdosen und vielen Ideen den Teilnehmern des Workshops mit Rat und Tat zur Seite. Die toben sich dann nach der Einweisung aus, manchmal mit zwei Dosen gleichzeitig. Foto: Carsten Riedl

Manche beginnen mit Blümchen, andere versuchen sich an kleinen Schriftzügen. Andere haben ihre Vorlagen bereits gezückt und fangen an, Motive von Skatern oder Logos in Großformat an die Wände zu sprühen. Die Schnellsten bedecken ihr erstes Werk direkt wieder mit einer weiteren Schicht Farbe, um von vorne anfangen zu können. Am Ende kommt aber was Wundervolles dabei raus: Die bunte Wand ist die perfekte Kulisse für alle Events im Marstallgarten. Gerade in der Corona-Zeit sollen die bunten Muster Kirchheim wieder ein bisschen farbenfroher machen. Bis zum 30. September kann man das Kunstwerk als Hintergrund für Konzerte und mehr noch bewundern. Elise Czaja