Kirchheim
Große Freude in Ötlingen: Der Rotgockel ist wieder da

Wahrzeichen Ein Symbol ist in die Ortsmitte zurückgekehrt – und niemand kann behaupten, es habe drei Jahre lang kein Hahn danach gekräht.

Kirchheim. Zwar kräht er nicht hörbar, der Ötlinger Rotgockel, aber er stellt sich immerhin in die entsprechende Positur, als könne er jederzeit mit seinem „Kikeriki“ verkünden: „Seht her, ich bin wieder da.“ Und diese Nachricht wäre alles andere als banal. Für die traditionsbewussten Ötlinger ist es nämlich die Nachricht schlechthin: „Der Rotgockel ist wieder da!“

Die Sanierung der Ortsmitte mag umstritten gewesen sein im bevölkerungsreichsten Teilort Kirchheims. Dem Ötlinger Selbstverständnis hat es dann aber einen Schlag in die Magengrube versetzt, als vor drei Jahren auch noch der Rotgockel weichen musste, weil er der Baustelle sonst im Weg gewesen wäre. Groß waren in letzter Zeit die Befürchtungen, er werde womöglich gar nicht mehr an seinen angestammten Platz zurückkehren und vielleicht sogar in der Versenkung verschwinden.

Dann wäre es ihm so ergangen wie dem Ötlinger Gewann Rot, das der Sage nach dem Untergang geweiht war, weil die Bewohner sich nicht an ihr Versprechen gehalten hatten, regelmäßig in die Kirche zu gehen. Nichts anderes sei von Rot übriggeblieben, so die Sage, als der Gockel, der seither immer wieder sein Krähen vernehmen lässt.

Ötlinger Kindern sei über Generationen hinweg mit dem Tier gedroht worden, erzählt Ortsvorsteher Siegfried Stark: „Sei brav, sonst holt dich der Rotgockel und nimmt dich mit in die Versenkung.“ – So schauderregend die Sage und die Drohung auch sein mögen: Ohne ihren sichtbaren Rotgockel in Denkmalform wollten die Ötlinger dann doch nicht mehr sein.

Was in Ötlingen ebenfalls verschwunden ist: der Kegelesbach. Das ist aber keine Sage, sondern Tatsache. Auch an den Bach sollte also vor Ort ein Denkmal erinnern. Das war für die Ötlinger aber wohl nicht ganz so wichtig – fürchteten sie doch, der Rotgockel könne damit fortgeschwommen sein, sozusagen „den Kegelesbach na“.

Nun also gibt es gleich zwei Denkmäler in der Ortsmitte, die an Ötlingens Vergangenheit erinnern. „Jetzt sind die Ötlinger wieder froh“, fasst Ortsvorsteher Stark die Gemütslage zusammen.

Einen neuen Balken hat er immerhin erhalten, der Rotgockel. „Der alte war morsch.“ Außerdem war ein neues Fundament zu schaffen – von der Standortsuche ganz abgesehen. Mit dem neuen Standort vor der Mörike-Apotheke ist Siegfried Stark zufrieden: „So kann der Rotgockel auch immer wieder ein Auge aufs Rathaus werfen.“ Das Untergangssymbol hat sich demnach zum Hoffnungsträger gewandelt. Andreas Volz