Die Grundsteuer, die ab dem Jahr 2025 neu berechnet wird, sorgt nach wie vor für Diskussionen. So befürchten viele Grundstücks- und Immobilienbesitzer, dass sie wesentlich mehr bezahlen müssen als bisher. Auch im Netz kursieren viele Gerüchte um eine Vervielfachung der Grundsteuer. Was ist dran an solchen Aussagen?
Fakt ist: Die Höhe der konkreten Steuerlast hängt wesentlich von den Hebesätzen der Kommunen ab, betont Elmar Wankmüller, Vorsteher des Finanzamts Nürtingen. Und die Höhe dieser Hebesätze steht noch nicht fest. Die Kommunen legen die Hebesätze „in eigener Zuständigkeit und eigener Verantwortlichkeit im Lauf des Jahres 2024 fest“, informiert Wankmüller. Eine belastbare Prognose über die von einem einzelnen Grundstückseigentümer künftig konkret zu zahlende Grundsteuer sei deshalb derzeit noch nicht möglich. Der Vorsteher verdeutlicht aber: „Die Kommunen wollen die Grundsteuerreform - mit Blick auf das Gesamtvolumen innerhalb einer Kommune - aufkommensneutral darstellen“. Deshalb sei davon auszugehen, dass sich die Grundsteuer für ein Einfamilienhaus beispielsweise nicht generell um den Faktor vier bis zehn verteuern wird - „besondere Einzelfälle einmal ausgenommen“.
Auch Linda Laessing von der Steuerberatungsgesellschaft KKG in Weilheim betont: „Die Kommunen sind dazu angehalten, dass das Grundsteueraufkommen insgesamt ähnlich hoch bleiben soll." Die Folge werde sein, dass „die einen Grundstücksbesitzer profitieren werden und die anderen ein paar Euro mehr zahlen müssen“.
Wie berichtet, haben der Verband Haus und Grund, der Bund der Steuerzahler sowie der Verband Wohneigentum eine Musterklage gegen das neue Landesgrundsteuergesetz angestrengt, weil sie dieses für verfassungswidrig halten. „Ein Grund dafür ist, dass es egal ist, ob auf zwei gleich großen Grundstücken ein 60 Quadratmeter-Häusle oder eine 300 Quadratmeter-Villa mit Pool steht. Die Grundsteuer ist gleich hoch.“ Denn welches Gebäude sich auf einem Grundstück befindet, sei künftig unrelevant. Entscheidend seien der Bodenrichtwert und die Grundstücksgröße.
Eines müsse man dem Gesetzgeber allerdings zugutehalten, betont Linda Laessing: „Er achtet schon darauf, dass Wohnraum zumindest ein bisschen steuerbegünstigt ist. Denn es gibt eine Ermäßigung der Steuermesszahl, wenn das Gebäude zu Wohnzwecken genutzt wird“. Der Besitzer eines unbebauten Grundstücks bezahlt also mehr als jemand, der ein gleich großes, bebautes Grundstück sein Eigen nennt. Dies könnte eventuell manchen dazu bewegen, sein Grundstück zu bebauen und nicht brach liegen zu lassen, überlegt Linda Laessing.
Mit Blick auf die anhängige Musterklage sagt sie: „Wir legen gegen jeden Bescheid Einspruch ein“. Dies sei notwendig, weil „man es bis heute nicht geschafft hat, in die Bescheide einen Vorläufigkeitsvermerk aufzunehmen“. Wäre dies der Fall, könnte auf die Einsprüche verzichtet werden, die letztlich nur Aufwand - auch für das Finanzamt - bedeutet, gibt Linda Laessing zu bedenken. Sie empfiehlt jedem, vorsichtshalber Einspruch einzulegen. „Wer dies nicht tut, verliert die alten Jahre.“ Will heißen: Wird das neue Landesgrundsteuergesetz zum Beispiel im Jahr 2028 geändert, weil es dann als verfassungswidrig erklärt wird, könne rückwirkend von 2025 bis 2028 nur profitieren, wer Einspruch eingelegt hat.
Im Bereich des Nürtinger Finanzamts sind inzwischen bereits etliche Einsprüche eingegangen, wie der Vorsteher auf Nachfrage des Teckboten informiert: etwas mehr als 16000. In den Einsprüchen gegen die Grundsteuerwert- und Grundsteuermessbescheide werde im Regelfall die Meinung vertreten, dass das Landesgrundsteuergesetz nicht verfassungsgemäß und deshalb auch die ergangenen Bescheide rechtswidrig seien. Ein weiterer Einwand sei oft der aus Sicht der Einspruchsführer zu hohe Bodenrichtwert.
„Dem Finanzamt keinen Vorwurf machen“
Dem Finanzamt Nürtingen liegen inzwischen mehr als 85000 von insgesamt etwa 94000 abzugebenden Grundsteuerwerterklärungen des Grundvermögens vor, informiert Vorsteher Elmar Wankmüller. „Damit liegt die Eingangsquote zwischenzeitlich bei über 90 Prozent.“
Eigentümerinnen und Eigentümer von Grundvermögen (Grundsteuer B), die ihre Grundsteuererklärung noch nicht abgegeben haben, wurde Ende Juli 2023 ein Erinnerungsschreiben zugesandt. „Sie hatten dann sechs Wochen Zeit, um ihre versäumte Erklärungsabgabe nachzuholen.“ In einem nächsten Schritt wurden und werden Schätzungsankündigungen versendet. „Wird dann immer noch keine Erklärung eingereicht, wird das Finanzamt schätzen“, verdeutlicht Wankmüller. Die Schätzungen könnten zuungunsten der Eigentümerinnen und Eigentümer ausfallen, „denn Steuervergünstigungen können ohne eine Grundsteuererklärung nicht berücksichtigt werden“ – beispielsweise, wenn ein Grundstück vorwiegend für eigene Wohnzwecke genutzt wird.
Viele haben ihren Bescheid noch nicht erhalten, obwohl sie ihre Erklärung frühzeitig abgegeben haben. Woran liegt das? „Die Bearbeitung der eingegangenen Erklärungen erfolgt fortlaufend. Aufgrund der großen Anzahl an Grundsteuererklärungen erstrecken sich die Bearbeitung und der Versand der Bescheide noch bis ins Jahr 2024“, gibt Wankmüller zu bedenken. Ziel sei, bis Mitte 2024 die Kommunen in die Lage zu versetzen, ihre Hebesätze festzulegen. Neben der Bearbeitung der Erklärungen seien auch viele Anfragen der Bürgerinnen und Bürger zur Grundsteuer zu beantworten.
„Die Mitarbeiter des Finanzamts können nur eins nach dem anderen erledigen. Einen Vorwurf sollte man ihnen nicht machen“, sagt Linda Laessing von der Weilheimer Steuerberatungsgesellschaft KKG. Letztlich gehe es dem Finanzamt „nicht anders als uns“. Die Probleme seien dieselben: „immer neue Aufgaben, immer ist alles eher komplizierter, und das alles mit wenig Personal“. hei