Kirchheim
Hat der Brandstifter zweimal Feuer gelegt?

Justiz 66-jähriger Angeklagter soll bei seinen Taten im Kirchheimer Klinikum psychisch krank gewesen sein.

Kirchheim. Nicht nur am 22. Oktober, sondern auch am 4. November soll ein 66-jähriger Patient in der Kirchheimer Klink in seinem Zimmer Feuer gelegt haben. Von dieser Erkenntnis erfuhren die Richter am Stuttgarter Landgericht am gestrigen zweiten Verhandlungstag gegen den 66-Jährigen. Der Beschuldigte ist allerdings bei dem Prozess nicht anwesend.

Denn das Verfahren vor der 17. Großen Strafkammer am Stuttgarter Landgericht findet vom ersten bis zum letzten Verhandlungstag ohne den Beschuldigten statt. Der Grund: Der Mann ist neurologisch so schwer erkrankt, dass er nicht transportfähig und auch nicht verhandlungsfähig ist, wie sein Verteidiger betont. Würde man ihn in den Gerichtssaal zwingen, bestehe die Gefahr, dass Herz und Lunge aussetzen und er dadurch in höchste Lebensgefahr gerate, sagen auch die Ärzte. Dieses Risiko will die Justiz nicht eingehen und hat per besonderem Beschluss verfügt, die Verhandlung ohne den Mann durchzuführen.

Ihm wird vorgeworfen, die beiden Brände jeweils in seinem Patientenzimmer gelegt und dabei in Kauf genommen zu haben, dass durch einen möglichen Vollbrand Menschen zu Schaden kommen könnten. Dies jedoch habe der Angeklagte überhaupt nicht erfassen und auch nicht einsehen können, heißt es in einem ersten vorläufigen Sachverständigen-Gutachten. Denn der Brandstifter sei zumindest zum Tatzeitraum wegen einer schweren psychischen Krankheit nicht schuldfähig, heißt es in dem Gutachten.

Die Allgemeinheit schützen

Demzufolge könne man ihn auch nicht verurteilen, müsse aber die Allgemeinheit vor ihm schützen. Das geht juristisch nur, indem man den 66-Jährigen in eine geschlossene Klinik einweist, die auch der Kirchheimer Medius-Klinik angeschlossen ist. So jedenfalls die Meinung im Gutachten.

Durch eine Reinigungskraft der Klinik erfuhren die Stuttgarter Richter am gestrigen zweiten Prozesstag, dass der 66-Jährige nicht nur einmal, sondern zweimal Feuer gelegt haben könnte. Die Zeugin schilderte, dass sie beim Reinigen am 4. November vergangenen Jahres verkohltes Papier und Textilien sowie Reste eines Leintuches mit Brandspuren entdeckt habe. Aber sie habe keine Flammen gesehen. Das Pflegepersonal sei von ihr informiert worden, das dann das Zimmer gereinigt hätte. Auch ein Polizeibeamter aus Esslingen, der aufgrund einer Brandmeldung in die Klinik gerufen wurde, hat Brandspuren entdeckt und das Ganze mit einer Kamera gesichert. Die Bilder wurden jetzt im Gerichtssaal als Beweismittel gezeigt. Der Beamte sagte aus, dass der 66-jährige Patient noch anwesend war, als man ankam. Er sei noch im Besitz seines Feuerzeugs gewesen, welches man ihm aber abnahm und verwahrte.

Ohne den Beschuldigten geht das Brandstifter-Verfahren am 15. Mai weiter. An diesem Tag soll ein Sachverständiger genau zum psychischen Zustand des Beschuldigten vernommen werden. Noch am selben Tag wollen die Richter dann beschließen, was mit dem Mann geschieht. Bernd Winckler