Kreis. Völlig unerwartet war gestern die Nachtruhe für viele Menschen in und um Kirchheim bereits gegen fünf Uhr früh jäh beendet: Ein lauter Donnerschlag holte die Schläfer aus dem Reich der Träume in die unwirtliche Realität. Ein Wintergewitter tobte vor der Haustür, ein regelrechter Schneesturm war zu beobachten, die weiße Pracht fegte quer von Westen durch die Straßen.
„Das war kein Schnee, das war Frostgraupel“, berichtigt Kai-Uwe Nerding, Meteorologe vom Deutschen Wetterdienst Stuttgart. Die Bewohner der Landeshauptstadt hatten gleich doppeltes „Glück“: Ein Graupelgewitter suchte sie bereits Sonntagabend heim – und ein zweites Montagfrüh. „Das hat ganz ordentlich auf die Dächer geprasselt“, sagt der Meteorologe und ist gleich im Erzählfluss. Auf den Straßen und Dächern habe sich ein weißer Belag gebildet, bestehend aus vielen kleinen Kügelchen mit einem Durchmesser von etwa einem halben Zentimeter. „Frostgraupel ist die Vorstufe zu richtigem Hagel. Bei einem Wintergewitter schaffen es die Wolken nur bis zu einer Höhe von etwa drei Kilometer. Im Sommer sind es dagegen zehn Kilometer“, erklärt Kai-Uwe Nerding. Die Hagelkörner können sich im Winter nicht größer entwickeln, ihnen fehlen die Zyklen, die sie bei den „hohen Gewittern“ durchlaufen und dadurch wachsen. Frostgraupel sind halbdurchsichtige Körner, die beim Aufprall hochspringen, ohne zu zerfallen. „Die Körner verhalten sich anders als Schnee. Ihre Oberfläche ist im Vergleich zu Schnee relativ klein, deshalb schafft es das Salz nicht so gut, sie aufzutauen“, so der Meteorologe.
Ob im Sommer oder Winter – die Ursache für die Gewitterbildung ist die gleiche: große Temperatur-Unterschiede zweier Luftschichten. „Es kam eine Kaltfront über Stuttgart, die sich über die mildere Schicht geschoben hat – so kam es zur Labilisierung der Lage. Derart kräftige Niederschläge sind im Winter in der Region sehr selten, deutlich seltener als Blitz und Donner“, erläutert Kai-Uwe Nerding. Derartige Ereignisse würden nur einmal alle zwei, drei Jahre stattfinden. Am Bodensee sieht es dagegen ein anders aus, insbesondere zu Beginn des Winters. Das Wasser des Sees ist um diese Zeit noch warm, kommt ein Kälteeinbruch, sorgt das für entsprechende Temperaturunterschiede und es rumst. Iris Häfner