Selbst Spaziergänger mit wachem Blick für kleine Lebewesen werden sie selten sehen: die Gelbbauchunke. Zum einen ist sie von oben gut getarnt, zum anderen eben auch sehr selten geworden und mittlerweile sogar vom Aussterben bedroht. Die rund 4,5 Zentimeter große Amphibie besiedelte ursprünglich Bachauen. Weil diese Lebensräume aber immer seltener werden, findet man sie nun in temporären Kleinstgewässern wie winzigen Gräben oder Pfützen. Die Besonderheit hierbei ist, dass dieser Lebensraum möglichst frei von Bewuchs sein sollte und sich noch keine Fressfeinde niedergelassen haben. Die Gelbbauchunke stellt an ihre Wohnsituation also hohe Ansprüche, die in freier Natur nur selten erfüllt werden.
Um die Wohnungsnot der Gelbbauchunken etwas zu mildern, setzen sich Naturschützer, in Zusammenarbeit mit den Forstmiarbeitern, im Kirchheimer Talwald seit etlichen Jahren dafür ein, den passenden Lebensraum zu schaffen. Dies ist sogar ohne allzu großen Aufwand möglich. Fahrspuren im weichen Boden, die bei Forstarbeiten entstehen, werden an geeigneten Stellen belassen und nicht sofort wieder beseitigt. Erst später im Jahr werden sie glattgezogen, und im Frühjahr zur Laichzeit werden neue Fahrpuren entstehen. In den mit Regenwasser gefüllten Spuren siedeln sich dann schnell die Amphibien an und die Weibchen können dort ihre kleinen Laichklumpen ablegen. In den so neu entstandenen Kleinstgewässern ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass noch keine Libellenlarven oder Molche da sind, die den Laich als Delikatesse verspeisen. Erwachsene Unken müssen als Fressfeind nur den eingewanderten Waschbären fürchten. Ihr giftiges Sekret hat sie bisher vom Speisezettel anderer Säugetiere ferngehalten. Der erfinderische Allesfresser hat aber eine Methode entwickelt, die giftige Haut aufzuschlitzen und so nicht mitfressen zu müssen.
Konferenz mit 130 Fachleuten
In den vergangenen dreieinhalb Jahren hat die Uni Hohenheim diese Maßnahmen wissenschaftlich begleitet. Das Team um Professor Dr. Martin Dieterich hat Daten gesammelt, die Entwicklung des Bestandes dokumentiert und stand Förstern mit Rat und Tat zur Seite. Finanziert wurde das Projekt „Entwicklung nachhaltiger Schutzkonzepte für die Gelbbauchunke in Wirtschaftswäldern“ von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt. Zum Ende des Projekts fand in der Uni Hohenheim eine große Konferenz mit 130 Fachleuten aus ganz Deutschland statt. Um die modellhaften Maßnahmen im Talwald direkt in Augenschein nehmen zu können, gab es am zweiten Tag der Konferenz eine Exkursion in den Kirchheimer Stadtwald.
Empfangen wurden die rund 50 Teilnehmer von Forstrevierleiter Benjamin Fischer und Oberbürgermeister Dr. Pascal Bader. Ein kleines Geschenk hatte der Rathauschef auch mitgebracht: ein weiteres Hinweisschild, das an Biotopplätzen aufgestellt wird. „Wir wurden von etlichen Waldbesuchern angesprochen, warum manche der Fahrspuren bis zum Herbst bestehen bleiben und den Wald verschandeln. Mit den Schildern wollen wir hier die Bevölkerung aufklären und vor allem auch Akzeptanz schaffen“, erklärte Benjamin Fischer. An den Modellflächen angekommen, war die Begeisterung der Exkursionsteilnehmer groß. So viele Gelbbauchunken auf einen Schlag hatten die wenigsten schon einmal gesehen. Auch Prof. Dr. Martin Dieterich war absolut zufrieden: „Ein sehr erfolgreiches Projekt, das hoffentlich so von Stadt und Forst weitergeführt wird.“
Die älteste im Talwald bekannt Gelbbauchunke ist übrigens rund 26 Jahre alt. Das schwarz-gelbe Muster auf der Bauchseite des Tieres ist einmalig wie ein Fingerabdruck, so kann jede Unke eindeutig identifiziert werden.