Zwei Themen, wie sie gegensätzlicher nicht wirken könnten: Vandalismus auf Schulhöfen und ein Pilotprojekt zum Einsatz von Streetwork in Kirchheim. Beides hängt jedoch eng zusammen – und zwar im positiven Sinn. Seit der Jugend- und Heimerzieher Jean-Pierre Ries Anfang Mai seine Arbeit aufgenommen hat, sind
die Beschwerden über Sachbeschädigung, Ruhestörung und Vermüllung zurückgegangen. Er übt also einen mäßigenden Einfluss auf die Jugendlichen aus. Diese wiederum lassen von ihrem zerstörerischen Treiben ab, wenn sie sinnstiftende Angebote bekommen, wie sie ihre Freizeit gestalten können.
Vor allem an der Alleenschule und am Campus Rauner hatte der Vandalismus Ausmaße angenommen, die „nicht mehr tragbar“ waren, wie Kirchheims Oberbürgermeister Pascal Bader im Gemeinderat feststellte. Um dagegen vorzugehen, hat die Stadt Kirchheim einerseits den Zugang zu Schulhöfen erschwert, durch Zäune und Tore. Andererseits hat sie das Projekt Streetwork gestartet. Von dessen Erfolg zeigte sich nicht nur der Oberbürgermeister beeindruckt: „Dadurch werden auch Menschen erreicht, an die wir sonst gar nicht rankommen.“
Deshalb sollte die 75-Prozent-Stelle von Jean-Pierre Ries nicht nur für die kommenden drei Jahre verlängert werden. Sie sollte vielmehr noch um eine 50-Prozent-Stelle ergänzt werden, um die erfolgreiche Arbeit auch auf den Rambouilletplatz ausweiten zu können, am früheren Standort der Teck-Realschule. Beide Anträge hat der Gemeinderat ohne Gegenstimme genehmigt, bei nur einer Enthaltung. Zusätzlich soll sich die Verwaltung darum bemühen, Fördergelder für die Finanzierung der Stellen zu erhalten.
Außerdem sollen die Tore rund um die Alleenschule aufgerüstet und die Zäune erhöht werden. Auch das hat der Gemeinderat mit großer Mehrheit so beschlossen. Lediglich für den Pausenhof an der Einmündung der Hahnweidstraße in die Jahnstraße soll noch eine „gefälligere“ Lösung gefunden werden. Dort lediglich die Mauer durch Zäune zu erhöhen, wäre nach Ansicht des SPD-Fraktionsvorsitzenden Marc Eisenmann kontraproduktiv: „Das macht das Schulgebäude abweisend.“ Stattdessen geht es nun um „mehr Licht“. also um eine bessere Beleuchtung dieses Pausenhofs. Außerdem ist an eine Videoüberwachung gedacht.
Die Strategie der Stadt ist also doppelgleisig. Einerseits soll eine Art jugendlicher Partyszene von den Schulhöfen abgehalten werden. Andererseits soll sich gerade diese Jugend nicht nur abgewiesen, sondern durchaus auch ernstgenommen fühlen. Dafür sorgt der Streetworker, dem Manfred Machoczek von der Grünen-Fraktion im Gemeinderat bestätigte, dass die Jugendlichen bereits nach kurzer Zeit Vertrauen zu ihm gefasst haben. Ähnlich sieht das CIK-Stadtrat Tobias Öhrlich. Obwohl auch er Zäune und Tore sowie einen Schließdienst mit Kontrollgängen befürwortet, um den Vandalismus zu bekämpfen, stellt er zugleich fest: „Jugendliche brauchen Aufenthaltsorte.“
Das ist gerade in Corona-Zeiten eine besondere Herausforderung, wie es in einer Pressemitteilung der Stadt Kirchheim heißt. Dort wird auch Jean-Pierre Ries zitiert: „Für junge Menschen muss es Anlaufstellen und Ansprechpartner geben, die sie verstehen und unterstützen, die aber auch für sie einstehen können.“ Der Sozialarbeiter, der beim Mehrgenerationenhaus Linde beschäftigt ist, bietet nicht nur regelmäßige Treffen an der Alleenschule und auf dem Campus Rauner an. Er ist auch über elektronische Kanäle für die Jugendlichen erreichbar – „wenn sie Gesprächsbedarf haben oder Unterstützung benötigen“.
Chillen, Grillen und Sport
Der offene Treff am „Chilli-Container“ der Alleenschule bietet Jugendlichen ab 16 Jahren jeden Dienstag die Möglichkeit, sich zwanglos, aber dennoch in einem gewissen vorgegebenen Rahmen auszutauschen – bei Billard, Darts oder Tischfußball. Grillabende gehören ebenso zum Angebot wie die Unterstützung bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Sportlich geht es dagegen donnerstags in der Konrad-Widerholt-Halle zu. Jugendliche ab 14 Jahren können dort wahlweise die verschiedensten Sportarten ausprobieren – sofern es mit den Corona-Regeln zu vereinbaren ist.
Rund 200 Jugendliche hat Jean-Pierre Ries durch seine Arbeit bisher erreicht. Sie „schätzen die Angebote und die Aufmerksamkeit, die ihnen geschenkt wird“, heißt es in der Pressemitteilung.